Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 59 des Feindes unter dem Prinzen von Preussen bei Dreihäuser, Kaltenhof, am Galgen-Berg bei Trautenau, wo ein k. k. Bataillon an einem Tage 17.000 Patronen verschoss, dann bei Schatzlar etc. statt. Von Liebau aus detachirte der König am 22. September den Erbprinzen von Braunschweig mit 10 Bataillonen und 25 Escadronen nach Ober-Schlesien zum Schutze der Provinz und zur Bedrohung Mährens. Zu dieser Zeit war der Zustand der Böhmen räumenden königlichen Armee ein Besorgniss erregender; mehr als 18.000 Mann oder 25 Procent der Gesammtstärke und gegen 7000 Pferde waren zu Grunde gegangen. Der grösste Theil der Reiterei führte die Pferde nur noch am Zügel, die den Anstrengungen erlegenen Bespannungen bedeckten alle Strassen und die verhungerten und zerlumpten Soldaten fluchten aus Verzweiflung ihrem Schicksal'). In der zweiten Hälfte des Monats October bezogen beide Heere die Winterquartiere. Uber die vorerwähnten Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze, an­lässlich der Räumung Böhmens durch den Feind, spricht sich Kaiser Josef in seinen Berichten an die Kaiserin Maria Theresia in der Zeit vom 5. bis Ende September in nachstehenderWeise aus: Sämmtliche Nachrichten, schreibt er, bestätigen, dass die Preussen zum Abzüge rüsten, ihre Artillerie-Bespannungen und Cavallerie-Pferde vor Mattig­keit erschöpft seien. Zwischen den Preussen und Sachsen, welche unter dem Oberbefehl des Prinzen Heinrich stehen , soll grosse Uneinigkeit herrschen. Alle kriegerischen Vorgänge lassen erkennen, dass der König keinen ernsten Krieg führen, sondern Österreich nur zwingen wolle, einen schmählichen und nachtheiligen Frieden einzugehen. Wenn die Armee in der Elbestellung einige Zeit sich noch behaupten, die Regierung alle erdenklichen Mittel an wenden, Dynastie und Volk aber sich einschränken und verhältnissmässig zu dem grossen vorhabenden Zwecke beitragen würden, dann könnte vielleicht der nächste Feldzug schon in Sachsen beginnen und ganz anders — nämlich offensive — geführt werden. Täglich treten die Wahrscheinlichkeiten für den Entschluss des Königs zum Abzüge aus Böhmen mehr hervor. Er habe zur Fortbringung der Artillerie 9000 Pferde in Schlesien requirirt. Man dürfe sich daher mit dem Friedensschlüsse nicht beeilen, da der Winter jedenfalls glücklichere Verhältnisse zu schaffen verspreche. Sollte der König nach Schlesien abziehen, so würde ihm gegenüber blos ein Corps stehen bleiben und der Rest der Elbe-Armee zu den Streitkräften Loudon’s stossen, um den Prinzen Heinrich gleichfalls zum Rückmärsche zu zwingen, wenn dessen Heer überhaupt noch eingeholt werden könnte. Es stände nämlich zu vermuthen, dass die ‘) Schmettau: „Mémoires raisonnes etc.“

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