Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien

259 in Front und rechter Flanke zugleich angegriffen zu werden. Immerhin wurden hier die Bande der Ordnung noch nicht gelockert, es wurde sogar ein Versuch gemacht, eine Wagenburg zu formiren. Auf dem linken Flügel ergriffen die Türken erst dann die Flucht, als sie die Auflösung ihres rechten Flügels und das unaufhaltsame Vorrücken der Deutschen gegen ihre Flanke bemerkten. Als Kara Mustapha alle seine Bemühungen, den rechten Flügel wieder zum Stehen zu bringen, scheitern sah, liess er die grüne Fahne des Propheten entfalten, das heilige Panier, das der Moslim bis zum letzten Blutstropfen zu schützen verpflichtet ist, welches man also immer da aufpflanzte, wo es sich in äussersten Fällen darum handelte, die Kämpfer zum äussersten Widerstande zu entflammen. Nun sammelte der Janitscharen-Aga noch einmal das Fussvolk, Osman Aga, der An­führer der Spain, aber eilte, mit den Seinen die grosse Cavallerie-Masse auf dem äussersten linken Flügel zu verstärken. Auch die ßeitergarde Kara Mustapha’s formirte sich zum Gefecht. Die bezüglichen Bewegungen wurden aber mit solcher Hast und so wenig Ordnung ausgeführt, dass König Sobieski die eingerissene Panique bemerkend, die günstige Gelegenheit ersehend, einen neuen Angriff der Reiterei befahl. Dieser gegen die feindliche, auf den Feldern zwischen Breiten­see und Hernals entwickelte, wohl 20.000 Reiter zählende Cavallerie- Masse gerichtete Angriff schlug nach kurzer Melde den Feind in die Flucht und erschütterte auch die Standhaftigkeit der Moslims, welche die Fahne des Propheten gegen gleichzeitige Front- und Flankenangriffe bis dahin aufs Tapferste vertheidigt hatten. Bald ward die Flucht allgemein. Das Centrum, die bayerischen und fränkischen Truppen, war, ohne auf ernstlichen Widerstand zu stossen, langsam vorgerückt; die Bayern hatten insbesondere den polnischen Angriff durch ihre Artillerie unterstützt. Als die Janitscharen des türkischen linken Flügels in ihrer letzten Aufstellung den Polen hartnäckigen Widerstand leisteten, liess Feldmarschall Fürst Waldeck drei Bataillone gegen die rechte Flanke der Janitscharen Vorgehen und wurde dabei auch durch bayerische Abtheilungen unterstützt. Dieser Flankenangriff trug viel dazu bei, dass die Janitscharen ihre Aufstellung räumten. Kara Mustapha hatte mittlerweile das Commando an Ibrahim Pascha übergeben und sich nach den Laufgräben zurückbegeben, ver- muthlich um im äussersten Falle wenigstens sein Geschütz zu retten. Als er dort über den weiteren Verlauf der Schlacht immer ungünstigere 1'7*

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