Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien

260 Meldungen erhielt, als er endlich selbst in seiner Nähe die Flucht der Seinigen sah, eilte er gegen Petronell voraus, um dort die Fliehenden auf­zuhalten und Ordnung in den Rückzug zu bringen1). Carl von Lothringen erreichte gegen halb 8 Uhr Abends die nördlichste Vorstadt und die Contrescarpe von Wien. Prinz Ludwig von Baden erhielt nun den Befehl, mit einigen Truppen — dem Heissler’schen und sächsischen Dragoner- und dem halben Fuss-Regimente Württemberg — welche der General-Feld Wacht­meister Baron Mercy heranführte, die feindlichen Laufgräben anzu­greifen. Leider war es nicht möglich, so schnell heranzukommen, als nöthig gewesen wäre, um die Janitscharen, welche schon, da sie die Kaiserlichen heranrückend wussten, den Rückzug aus den Laufgräben angetreten hatten, auf diesem Rückzuge wesentlich zu stören. Sie hatten unmittelbar bevor sie die Tranchéen verhessen, noch einen Sturm gegen die Stadt versucht, als dieser misslang, ihre Kanonen gegen die herankommenden Kaiserlichen gewendet und noch mehrere Schüsse gegen selbe gegeben. Die Türken zogen sich im Allgemeinen in der Verlängerung ihrer Frontlinie links hinter den Abschnitt des Wienflusses zurück. Das sieg­reiche christliche Heer konnte wegen eintretender Dunkelheit auch nur bis an diesen Abschnitt verfolgen lassen und blieb die Nacht über in dem zwischen der Donau und dem Wienflusso gelegenen Tlieile dos türki­schen Lagers zurück. Da Sobieski in der eiligen Flucht des Feindes eine Kriegslist erblickte, verbot er bei der ganzen Armee, unter Todes­strafe, aus Reih und Glied zu treten. Der Befehl wurde aber nur bei den Deutschen befolgt — die Polen begannen schon sehr bald das eroberte Lager zu plündern und fiel ihnen auch der grösste Theil der Beute zu. Herzog Carl von Lothringen Hess dem Könige von Polen zu dem Erfolge des Tages in Ausdrücken Glück wünschen, welche diesen Erfolg der Gegenwart des Königs und seines Heeres zuschrieben. Der König Hess dai’auf erwidern, dass zwar alle Abtheilungen des Christen­heeres an dem errungenen Siege Antheil hätten, dass man aber den glücklichen Ausgang vor Allem den Anordnungen des Herzogs und der Tapferkeit seiner Truppen, die doch zuerst in’s feindliche Lager eingedrungen, zu verdanken habe. Auf eint* Anfrage, welche der Her­zog bezüglich einer am folgenden Tage aufzunehmenden Verfolgung an den König gerichtet hatte, antwortete dieser, dass er sich darüber *) K. k. Kriegs-Archiv 1683 ; Fase. 13, 3.

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