Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien
254 und der Donau focht, den auf den Höhen gelegenen Theil von Kussdorf angreifen. Ein kaiserliches Bataillon gerieth hei dieser Gelegenheit in’s Schwanken, ein Dragoner-Regiment stellte aber das Gefecht wieder her. Endlich machte sich die kaiserliche Infanterie unter der Oberleitung des Feldmarschalls Markgraf Hermann von Baden zum Herrn des Ortes Kussdorf. Feldmarschall Goltz konnte mit seinen Sachsen nur langsam vorwärts kommen. Das vielfach noch bewaldete, wegen vieler Wasserrisse auch sonst schwer gangbare Terrain, nicht minder der nachdrückliche Widerstand der Türken, die hier in bedeutender Stärke auftraten, machten den Angriff höchst schwierig. Die grösste Schwierigkeit bot aber das Vordringen gegen Heiligenstadt, welchen Ort, sowie auch die Linie des Grinzing-Baches die Türken mit besonderer Hartnäckigkeit vertheidigten. Das türkische Fussvolk wusste alle Terrain-Vorth eile mit vielem Geschicke auszunützen. Es waren hier die Wirkung der trefflichen sächsischen Artillerie, namentlich aber Flankenbewegungen und Flankenangriffe mehrerer Infanterie-Abtheilungen, welche gegen Mittag die Sachsen endlich zu Herren von Heiligenstadt und der Linie des Grinzing-Baches machten. Kurfürst Johann Georg, der bisher auf dem äussersten linken Flügel die Reiterei persönlich commandirt, hatte das tapfere Verhalten seines Fussvolkes beobachtet. Kun erschien er selbst auf den Kussdorfer Höhen und sprach seinen Truppen seine Freude und seine Zufriedenheit aus '). Der linke Flügel und das Centrum des Christenheeres waren stets bestrebt gewesen, in wohlgeschlossener Linie vorzugehen und hatten dabei ihre Geschütze vor der Front. Solche Vorrückung hatte bei der Beschaffenheit des Terrains, auf welchem sie erfolgte, grosse Schwierigkeiten. So sahen denn die Wiener, welche den Gang der Schlacht mit begreiflichem Interesse von erhöhten Punkten beobachteten, wie zeitgenössische Berichte sagen, die dichten Reihen ihrer Befreier in langsamen und gleichen Schritten herabsteigen, ja hier und dort in einem Thale, in einer Schlucht verschwinden, dann wieder auftauchen, wie in einer einzigen ungeheuren Linie. Voran ging immer das leichte Geschütz. Von Zeit zu Zeit entlud es sich hinab auf den Feind. Dann standen die langen Reihen, harrend, bis wieder geladen war, und die zurückgebliebenen Abtheilungen sich wieder angeschlossen hatten. *) *) Manuscript über die Theilnalime der sächsischen Truppen an der Entsatz- schiacht bei Wien 1683, königlich sächisclies Staats-Archiv.