Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 47 Die beiden gegnerischen Heere des Kaisers und Loudon’s haben eine äusserst vortheilhafte Stellung inne und es sei nicht einzusehen, was sie denn eigentlich zur Räumung derselben veranlassen könnte. Sie stehen, Rücken gegen Rücken, einander so nahe, dass sie sich gegen­seitig unterstützen können; die Iser habe steile Ufer, die Elbe-Linie sei befestigt und Loudon arbeite an Verschanzungen. Der Prinz würde den Feldmarschall sehr gerne angreifen, um mit ihm auf eine oder andere Weise fertig zu werden, aber der österreichische Feldherr habe sämmtliche über die Iser führenden Brücken zerstören lassen. Die Nähe der beiden Heere mache es fast unmöglich, Vortheile aus einem Siege herauszuschlagen; ihre günstigen Stellungen und die vielen Hindernisse, namentlich Defiléen, welche bewältigt werden müssten, bevor man an sie herankomme, erschweren bei einem Rück schlage den Abzug und bieten geringe Wahrscheinlichkeit, die Armee unter so gearteten kritischen Verhältnissen zu retten. Die Positionen der Armee des Prinzen bei Leitmeritz, Neuschloss, Niemes und Merzdorf seien gut und decken den Rücken, aber sie seien zu ausgedehnt; das Heer benöthige zwölf Tage, um seine Feldbäckerei von Zittau nach Leitmeritz zu schaffen. Wegen Mangels an Fourage könne es aber nur mit Mühe zehn bis zwölf Tage noch in der Gegend zwischen der Elbe und Iser verbleiben. In Folge der einerseits gehegten Befürchtung umgangen und angegriffen zu werden, und der anderseits hervorgehobenen Schwierig­keit, einen Offensivstoss zu unternehmen, blieben die beiden Heere an der Iser vom 17. August an in nachstehenden Stellungen: Armee des Prinzen Heinrich: Corps General-Lieutenant v. Platen: 21 Bataillone, 40 Fscadronen bei Hlinay, Lobositz und Leitmeritz; Corps General-Lieutenant v. Möllendorf: 13 Bataillone, 19 Esca- dronen bei Auscha und Neuschloss; Hauptarmee unter dem Oberbefehl des Prinzen: 32 Bataillone, 60 Escadronen bei Niemes; Corps General-Lieutenant Graf Solms und Generalmajor v. Pod- gursky: 16 Bataillone, 10 Escadronen bei Wartenberg, Merzdorf, Oschitz, Drausendorf, Lobokay; Corps General-Lieutenant Graf Hordt: 5 Bataillone, 10 Escadronen bei Habendorf nördlich Reichenberg und bei Zittau. Die vom Prinzen Heinrich befehligten verbündeten Streitkräfte in Gesammtstärke von 87 Bataillonen, 138 Escadronen, oder ungefähr noch 65.000 Mann streitbar, nahmen daher von Hlinay über Lobositz, Leitmeritz, Auscha, Neuschloss, Niemes, Wartenberg und Oschitz bis Lobokay nächst Langenbruck eine Frontbreite von 20 Meilen (150km) und von Niemes bis Zittau eine Treffentiefe von 6 Meilen (45km) ein. Die Vorposten-Aufstellung der Armee erstreckte sich von Gastorf

Next

/
Thumbnails
Contents