Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

immer versteckt hielten, in ihren Schlupfwinkeln auf, und stellte auf diese Weise noch drei Compagnien zusammen. Am Kahlenberge leuchteten in der Nacht wieder fünf Raketen auf, welche sofort freudigst durch die gleiche Anzahl erwidert wurden. Am 8. September setzten die Türken das Bombardement heftig fort, auch von Seite der Leopoldstadt wurde das Geschützfeuer lebhafter. Die kaiserlichen Mineurs waren so glücklich, unter der Burg- Bastion zwei Kreuzminen zu entdecken und, nach Verjagung der feind­lichen Arbeiter, das ganze Pulver (24 Fässer) ungestört wegzunehmen. Man vermuthete auch eine dritte Mine daselbst, konnte sie aber nicht finden, obgleich man in der Gegengalerie mittelst Entzündtens einer Petarde danach gesucht hatte. Nicht so gelang es aber, die Gefahr von der Löbel-Bastion abzu­wenden, woselbst um 2 Uhr Nachmittags zwei stark geladene Minen auf­flogen und eine grosse, aber glücklicherweise schwer passirbare Bresche bildeten. Ein dichter Janitscharen-Haufe stürmte trotzdem über die Mauertrümmer mit imheimlichem Geschrei heran, ungeachtet des mörderischen Kartätschenfeuers, das fortgesetzt ihre Reihen lichtete; der Angriff wurde später mit noch grösserer Wuth erneuert und bot ziem­lich wechselnde Chancen, als ein im türkischen Lager, wahrscheinlich wegen des Entsatzheeres, entstandener Alarm, die Stürmenden erschreckte und zur schnellen Umkehr bewog. Von der Besatzung war bei diesem Kampfe Oberstlieutenant St. Croix und Rittmeister Chevalier Gornée von Dupigny-Kürassieren schwer ver­wundet worden, und eine ziemliche Anzahl Mannschaft geblieben. Die Löbel-Bastion wies nunmehr zwei grosse Breschen auf, welche nur durch ein kurzes Stück des Walles von einander getrennt waren. Die im türkischen Lager herrschende Unruhe und die fortwähren­den Truppen-Verschiebungen liessen nichtsdestoweniger FZM. Starhem­berg einen allgemeinen Sturm für den Abend besorgen; er traf daher die nöthigen Gegenanstalten und erschöpfte alle Mittel, um nicht im entscheidenden Augenblicke und so nahe am Ziele zu unterliegen. Er liess nebst der Garnison und der bewaffneten Bürgerschaft die ganze männliche Bevölkerung zur Vertheidigung in Bereitschaft setzen; die Reserven wurden tlieils auf der Freiung, theils am Michaeler-Platze aufgestellt. Starhemberg selbst war ununterbrochen unter den Sol­daten und Bürgern, und munterte sie durch warme Worte zur Aus­dauer auf. Jeder Abschnitt, auch jene in den Gassen, hatte jetzt schon seine Besatzung, jedes verbarricadirte Haus seine Vertheidiger zugewiesen. In

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