Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens
223 Am 5. September erschütterte der Donner aus fast allen türkischen Geschützen ununterbrochen die Luft, wobei der Feind aus ungewöhnlich grossen Mörsern Bomben warf, welche 5 bis 6 Centner schwer waren. Um 6 Uhr Abends unternahmen die Janitscharen wieder einen Sturm über die nur nothdürftig verrammelte Bresche an der Burg- Bastion, wurden aber von der wachsamen und beherzten Besatzung durch Musketenfeuer, mit Hacken, Morgensternen und Sensen zurückgeschlagen. Um so grösser waren dafür deren Fortschritte im Graben und schon unterminirten sie die Courtine; man fand, beim Entgegengraben, eine kleine Mine, aus der man das Pulver wegnahm. Hätten die kaiserlichen Mineurs weiter geforscht, würden sie bald auf jene Hauptmine gestossen sein, welche nächsten Tags aufflog. Um die feindlichen Arbeiten zu stören, Hess der Stadt-Comman- dant während der Nacht, gegen das Burg-Bavelin feuern, ebenso von der Augustiner-Courtine heftig die Spitze der Burg-Bastion beschicssen, woselbst sich viele Arbeiter zeigten. Unter dem Schutze eines immer lebhafter werdenden Bombardements wurden die feindlichen Laufgräben im Graben am nächsten Tage sehr erweitert, während die Mineurs ihre unheimliche Thätigkeit bereits unter den Hauptwällen hören Hessen. Mittags 1 Uhr geschah endlich, was man schon lange besorgte: es sprang nämlich eine so gewaltige Mine an der linken Face der Löbel-Bastion, dass die 7,n dicke Escarpe-Mauer in einer Breite von 12m in Trümmer geworfen wurde. Einige tausend Türken stürmten sogleich mit der ihnen eigenthümlichen Wuth, doch hemmten die grossen Mauertrümmer ihr rasches Vordringen, denn sie mussten einzeln über dieselben klettern, wodurch der, ohne Brustwehr, ganz frei den Anlauf erwartenden Besatzung die Vertheidigung sehr ei’leichtert wurde. Uber die Haufen der, durch Kartätschen- und Musketenfeuer gefallenen Brüder, drängten sich immer neue Schaaren über die Schutthügel und abermals gelang es einer kleinen Abtheilung, die Höhe zu gewinnen und zwei Fahnen auf die Bastion zu pflanzen; doch wurden die ermatteten Türken, nacli zweistündigem blutigen Ringen, mit einem Verluste von circa 1500 Mann glücklich wieder in den Graben geworfen. Die Besatzung verlor bei 100 Mann, wovon die Hälfte Todte waren. General-Feldwaclitmeister Graf Daun wurde durch einen von einer Kanonenkugel losgesprengten Stein schwer verwundet, als er eben eine 100 Mann starke Abtheilung unter Hauptmann Graf Puchheimb