Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

206 Von der wackeren Bürgerschaft, welche durch die Ruhr ungemein litt, zogen jetzt täglich 800 Mann zum Schanzen und zur Wacht auf, 300 Mann blieben in Reserve. Die feindlichen Bomben- und Steinwürfe am 23. August ver­ursachten einen beträchtlichen Schaden, während die Janitscharen grossartige Anstrengungen machten, sich in den Besitz des Burg- Ravelins zu setzen. In der That gelang es ihnen endlich, wenn auch mit grossen Opfern, aus ihren Logements im Stadtgraben die Spitze des „Zauberhaufens“ zu besetzen und sich daselbst zu behaupten, ungeachtet des heftigsten Musketen- und Granatenfeuers der Ravelin- Besatzung, welche sich hinter dem Abschnitte zurückgezogen hatte. Ungefähr ein Drittel des Ravelins war in die Hände des Feindes ge­fallen, der nun sofort daran ging, den übrigen Theil in seine Gewalt zu bekommen. Allein vergeblich. Weder die Mine, welche Abends an der linken Seite des Ravelins aufflog, noch die vielen Versuche der Türken, die Abschnitts-Palissaden niederzubrennen, konnten die tapfere Ravelin-Besatzung wankend machen. Zuletzt überschütteten die Gegner das Werk und die rückwärts befindliche Courtine mit einem Hagel von Geschossen, wobei Oberstwachtmeister Rosstauscher *) verwundet wurde. Da gerüchtweise verlautete, dass die türkischen Mineurs bereits unter den Weinkellern der Hofburg sich hören Hessen, befahl FZM. Starhemberg den kaiserlichen Hellebardieren, fleissig in diesen Kellern zu patrulliren; auch wurden die, mit Ausnahme des Stuben- thores, vermauerten Stadtthore noch weiters mit Hölzern und Steinen verbarrikadirt, die Thorbrücken abgetragen und in allen Gassen nächst der Löbel-Bastion Vorziehketten eingehängt. Der wackere Michaelovitz gelangte glücklich wieder in die Stadt, und brachte vom Herzoge von Lothringen erfreuliche Nachrichten, wo­durch die bereits ziemlich trübe Stimmung der Bewohner Wiens wieder einer ruhigen Zuversicht wich. Er berichtete, dass sich bei Krems nebst den Reichstruppen auch jene des Königs von Polen zu sammeln begännen, dass sich daselbst die Kurfürsten von Bayern und Sachsen, vielleicht auch Kaiser Leopold einfinden werden, so dass mit *) Franz Rosstauscher von Reithofen, ein mährischer Edelmann, ehemals Oberstwachtmeister im Schultz’schen Dragoner-Regimente (jetzt Nr. 10), machte sich als Ordonnanz-Officier Starhemberg’s durch Gewandtheit bemerkbar und wurde, wie erwähnt, nach dem Tode des Bürgermeisters Liebenberg Oberstwachtmeister der Bürger- Compagnien.

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