Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
30 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. übereilte Schritte zu verhindern. Die von Thugut mitgebrachten Vorschläge bestanden in Folgendem: Die Kaiserin behält in Bayern nur soviel Gebiet in bleibendem Besitze, als es eine Jahres-Revenue von Einer Million Gulden abwirft. Es soll ihr aber freisteben, dieses Gebiet gegen andere zunächst liegende Gebietsteile zu vertauschen, unter der Bedingung jedoch, dass das Einkommen jene Summe nicht übersteige, Bayern nicht geteilt und die Reichsstadt Augsburg von den österreichischen Besitzungen nicht eingeschlossen werde. Die beiden Höfe von Wien und Berlin werden gemeinsam bemüht sein, ein billiges Übereinkommen zwischen dem Kurfürsten von der Pfalz und dem Kurfürsten von Sachsen herbeizuführen, um letztere als Allodial-Erben zu befriedigen. Freiherr v. Thugut hatte noch die Weisung, mündlich hinzuzufügen, sein Hof würde im Falle des Einverständnisses bezüglich Bayerns, dem künftigen Anfalle der fränkischen Markgrafthümer an Preussen sich nicht widersetzen, vielmehr den Eintausch derselben, gegen dem Könige besser gelegen scheinende Lande, und zwar gegen die Lausitz oder das Herzogthum Mecklenburg fördern. In den Unterredungen des Königs mit dem österreichischen Bevollmächtigten erklärte sich jener zu neuen Verhandlungen bereit und wies Thugut an, nach Wien zurückzukehren und bestimmte Instructionen mitzubringen. Zur Fortführung der Unterhandlungen aber liess Friedrich II. die Minister Graf Finkenstein und v. Herzberg am 24. Juli von Berlin nach Frankenstein kommen und wandte sich sodann in einem Schreiben an die Kaiserin Maria Theresia, welchem ein Gegenentwurf zu dem österreichischen Vergleiche beigeschlossen war. Nach diesem Documente sollte der Wiener Hof einen Gebietstheil von Bayern erhalten, welcher von Passau dem Inn- und Salza-Flusse entlang bis Wildshut an der Salzburger Grenze sich erstrecke; dagegen aber hätte er allen Rechten über die böhmischen Lehen in der Ober-Pfalz und in Sachsen zu entsagen und eine Million Thaler an den Kurfürsten von Sachsen zu zahlen etc. Als Hauptbedingung wurde hingestellt, dass keine zwischen den verschiedenen Interessenten strittigen Punkte auf eine künftige Unterhandlung verwiesen, sondern insgesammt sofort unter Mitwirkung des Königs gänzlich und für immer ausgeglichen und entschieden würden. Über die neuen Propositionen des Königs sprach sich Fürst Kaunitz in einem Vortrage dahin aus, dass auf Grund derselben ein Friede unmöglich sei. Die Kaiserin sollte erklären, dass sie auf ganz Bayern verzichten wolle, wenn Friedrich II. von der Vereinigung Ansbachs und Bayreuths mit Preussen abstehe. Maria Theresia war bereit dem Anträge des Staatskanzlers beizutreten, allein sie war überzeugt, dass der König darauf nicht eingehen werde. Um jeden