Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

24 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. über die Invasion Böhmens und aus seinen Anträgen, die Lösung der Frage, bei Einsatz aller Kräfte mit Waffengewalt herbeizuführen, die Veranlassung, nunmehr um jeden Preis Frieden zu stiften. Einige Wochen vor diesem Zeitpunkte hatte der Staatskanzler Fürst Kaunitz in einem Vortrage die Gründe für und gegen einen Krieg mit Preussen in ausführlicher Weise dargelegt. Die Preussen zur Verfügung stehenden Streitkräfte, bemerkte der Fürst, seien den österreichischen überlegen und die Waagschale würde um so ungünstiger für Österreich sein, wenn die sächsischen Truppen zu den preussischen stossen sollten. Es sei zu bezweifeln, ob Russland auf die Dauer von einer Betheiligung an dem Kampfe sich würde fernhalten lassen, wo­gegen Österreich auch die geringste Aussicht auf eine Unterstützung von Seite seiner Bundesgenossen mangle. Es sei ferner noch möglich, dass es dem Könige gelingen werde, Sardinien zu gewinnen. Bisher wenigstens habe es Friedrich II. geglückt, zum vermeintlichen Be­schützer der Unterdrückten sich aufzuwerfen und den Wahn zu erwecken, dass er für sich nichts thun wolle, sondern Alles nur im Interesse der deutschen Reichsverfassung unternähme, indess ander­seits die österreichische Acquisition von dem Scheine gewaltsamer Mass­nahmen nicht frei sei. Ein Krieg mit Preussen habe nur dann einen rechten Sinn, wenn es gelänge, Schlesiens sich zu bemächtigen, im Falle das Kriegsglück den österreichischen Waffen hold wäre. Könne man aber annehmen, dass die europäischen Mächte dies zulassen würden? Darüber beständen sehr starke Zweifel und es sei noch auf die erfor­derlichen Geldmittel Bedacht zu nehmen, die ohnehin nicht reichlich flössen. Man müsse endlich alle unmöglich vorherzusehenden und oft von blinden Zufällen herrührenden unglücklichen Ereignisse eines Krieges in die Waagschale legen, unter diesen besonders jene, so die Person Seiner Majestät selbst treffen könnten. Diesen, gegen den Kampf sprechenden Gründen, stellte der Staats­kanzler sodann folgende für die Ergreifung der Waffen vorgebrachte Argumente entgegen. Es sei ein offenbar ungerechter Angriff, den man erleide, die nachdrücklichste Vertheidigung wäre daher allen moralischen und göttlichen Gesetzen, sowie auch den Pflichten der Souveränin gemäss. Gewissensruhe und zuversichtliche Hoffnung auf den göttlichen Beistand müssen einer solchen abgedrungenen Verthei­digung zur Seite stehen. Zu den besten Hoffnungen auf einen glücklichen Fortgang der Kriegs-Operationen berechtige schon die Anwesenheit des Kaisers beim Heere, der Alles beleben und in Enthusiasmus setzen werde. Hingegen könne die althergebrachte Gewohnheit des Königs, bei der Armee gegenwärtig zu sein, keinen solchen Eindruck hervorbringen. Überdies machen das Alter und die schlechte Gesundheit es dem Könige fast

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