Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Josef Siebert, Major im k. k. Generalstabs-Corps: Über den Streifzug Thielmann's im Feldzuge 1813. Nach Acten des k. k. Kriegs-Archivs
Colonne'), von Lützen kommend, gegen Weissenfeis vor, überfiel und zersprengte das von Thielmann daselbst postirte, aus Soldaten aller drei Mächte zusammengesetzte Detachement. Der grösste Theil dieses Detachements zog sich, gemäss der von Thielmann erhaltenen Instruction, auf Zeitz zurück2). Der Feind, im Glauben das ganze Thiel- mann’sche Corps vor sich zu haben, folgte bis beinahe dorthin und wurde erst spät seines Irrthums gewahr. Thielmann erhielt hiedurch für die nächsten Tage wieder freie Hand. Dem österreichischen Theile des Detachements hatte der nächtliche Überfall 5 Reiter und 1 Pferd gekostet. Der Überfall von Weissenfels und die Nachrichten, welche Thielmann über die Stärke des Feindes erhielt, bewogen ihn sein Vorhaben auf Merseburg am 15. September noch nicht zu beginnen, sondern sich früher über die Verhältnisse hei Weissenfels Aufschluss zu verschaffen und dem dortigen Gegner, wenn möglich einen Schlag zu versetzen. Er ging daher am 15. September bis vor Weissenfels. Als er sich hier vom Abzüge des Feindes überzeugt hatte, nahm er seinen Plan gegen Merseburg wieder auf, beschloss aber, um die Aufmerksamkeit des Gegners gänzlich von sich abzulenken, einen weiteren Umweg zu machen. Noch am selben Tage ging er auf Seitenwegen südlich der grossen Strasse bis in die Nähe von Naumburg zurück, wo das Streif- Corps — das österreichische Detachement bei Altenburg3) — Nachtbiwaks bezog. An diesem Tage war die gegen Merseburg entsendet gewesene, combinirte österreichische Escadron wieder eingerückt. Am 16. September übersetzte Thielmann die Saale bei Kosen, zog dann nördlich, passirte bei Freiburg die Unstrut und ging bei Gleina, nördlich von Freiburg, in eine Nachtruhestellung. Im Laufe *) *) Aus der „Correspondance de Napoleon Ier“ gellt hervor, dass Napoleon am 12. September auf Thielmann aufmerksam wurde und eine Reihe von Anordnungen traf, welche beweisen, wie lästig ihm dieses Streif-Corps schon um diese Zeit geworden war. Napoleon befahl am 12. September: a) Dass der General Lefébvre, Commandant der 2. Garde-Cavallerie-Division, der in Altenberg nächst der böhmischen Grenze stand, sich Freiberg und Chemnitz nähern solle, um das Corps Thielmann’s, welches Napoleon bei Zwickau und Altenburg vermuthete, aufzuspüren; b) Marschall Ney wurde angewiesen, eine Colonne von 1500 ausgewählten Infanteristen, 2000 Reitern und 6 Geschützen in die Gegend zwischen Leipzig und Leisnig zu schicken; und c) General Piré mit einer Cavallerie-Brigade nach Leisnig dirigirt, dies Alles ausdrücklich zum Schutze Leipzigs gegen Thielmann. — In Leipzig selbst befand sich General Margaron, der dort ein Reserve-Corps bildete. 2) Nach dem Tagebuch des Oberstlieutenants Baron Gasser war der Premier- Lieutenant Keyserling Commandant dieses Detachements. Keyserling beschreibt in seinen „Erinnerungen aus der Kriegszeit“ die Schicksale dieses Detachements und namentlich des Commandanten wohl sehr ausführlich, erwähnt auch, dass der letztere ein Ofiicier aus der Umgebung des Generals Prinzen Biron gewesen sei, verschweigt jedoch dessen Namen. Die Stärke des Detachements gibt er mit 150 Kosaken und 20 regulären Reitern an. 3) Nach dem Tagebuch des Oberstlientenants Baron Gasser bei „Altenheim“.