Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

VIII. Revolutionskrieg iu Holland (1785—1787). 171 seiner Grossjährigkeits-Erklärung, trat er die Regierung der Republik an. Ein Jahr darauf vermalte er sich mit der Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine, der Nichte des Königs Friedrich II. von Preussen und der Schwester des Kronprinzen. Durch diese Heirat stand Wil­helm Y. mit dem Berliner und durch seine Mutter Anna, Tochter König Georg II. von England, mit dem Londoner Hof in enger ver­wandtschaftlicher V erhindung. Während der Minderjährigkeit des Prinzen und auch nach seiner Volljährigkeit fanden öfter Versuche statt, den Einfluss der Erbstatt­halterwürde zu vermehren. Dies entfachte den alten, in der Verfassung unversöhnt nebeneinander liegenden Hader zwischen den republikani­schen und monarchischen Elementen mit neuer Kraft. Erstere arbeiteten allen Machterweiterungen der Statthalterwürde eifrig entgegen und legten sich den Namen der Patrioten bei. Zur Zeit der Unabhängigkeits-Erklärung Nordamerika’s, hatte die aus der Bevölkerung der Handelsstädte sich zumeist recrutirende anti­englische oder Patrioten-Partei auf ein Bündniss mit den Amerikanern gedrungen, indess die Oranische oder Erbstatthalter-Partei eine Kriegs­erklärung gegen das mit Nordamerika alliirte Frankreich provociren wollte. Die aus diesem Anlasse von Seite Englands gegen Holland ergriffenen Massnahmen, namentlich die der holländischen Flagge ange- thanen Beleidigungen und Beschimpfungen, brachten eine ungeheuere Erbitterung in der zur Majorität und Herrschaft gelangten Partei der Patrioten. Auf das Anrathen der Kaiserin Katharina II. von Russland waren die Generalstaaten nahe daran, dem nordischen Bunde zur Be- schiitzung des Handels gegen die Eingriffe Grossbritanniens beizutreten, als letzteres diesem Schritt durch Kriegserklärung an Holland zuvor­kam. Der nun ausgebrochene Kampf verschärfte die Gegensätze noch mehr; man beschuldigte den Erbstatthalter öffentlich einer Parteilich­keit für England, überhäufte ihn mit Vorwürfen, als habe er absicht­lich die Seemacht in Verfall gerathen lassen und erhob gegen ihn die Anklage, dass er das Misslingen kriegerischer Unternehmungen durch Verzögerung oder Ertheilung geheimer Instructionen vorsätzlich be­fördert habe. Die Verwickelungen mit Österreich wegen des Schelde­streites gaben neue Veranlassung zu Incriminationen der Statthalter­schaft; man konnte dem Prinzen es nicht verzeihen, dass er als General-Capitän und Oberbefehlshaber der Landmacht, die festen Plätze Hollands von allen Hilfsmitteln dermassen entblössen und die bewaffnete Macht derart herabkommen liess, dass das wehrlose Land sich den drückendsten Bedingungen Österreichs hatte unterwerfen müssen. Der Herzog von Braunschweig, welcher auf Kosten der Republik sich be­reichert und ungeheuere Summen erworben hatte, wurde genöthigt, seinen Sitz von Haag nach Herzogenbusch zu verlegen, dann sein Commando niederzulegen und endlich die vereinigten Staaten gänzlich zu verlassen.

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