Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

172 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. Ungeachtet der mitunter heftigen, in Brandschriften und Zeitungs- Artikeln sich äussernden Agitation, blieb die Erbstatthalterfrage bis zum Jahre 1785, als innere Landesangelegenheit auf das Gebiet der Republik allein beschränkt. Von dieser Zeit an, nahm sie aber den Charakter eines internationalen, vor dem Forum Europa’s zu lösenden Conflictes an. Die in Folge des Scheldestreites drohenden Verwickelungen mit Österreich, hatten die Einwohner von Geldern und Zütphen zum Vorwände genommen, sich zu bewaffnen und National-Milizen zu bilden. Da sie hieran durch die statthalterischen Magistratspersonen nicht ge­hindert werden konnten, so fand das Beispiel bald allgemeine Nach­ahmung. Alle bedeutenden Städte der vereinigten Provinzen organisirten sich militärisch und erklärten sodann dem Statthalter, dass sie künftig bei der Wahl ihrer Bürgermeister keine Rücksicht mehr auf dessen Candidaten nehmen würden. Gleichzeitig beschränkten die Provinzial­stände die Jurisdiction der Militärgerichte. Durch diesen gelungenen Eingriff in die Rechte des Erbstatt­halters und das auf Betrieb der Patrioten mit Frankreich im Jahre 1785 geschlossene Bündniss ermuthigt, schritt die zur Herrschaft gelangte Partei auf der betretenen Bahn der Umwälzung weiter und forderte hiedurch den Prinzen von Oranien zu reactionären Massnahmen ge­radezu heraus. Von seiner Gomalin beständig gedrängt, irgend einen entscheidenden Schritt zur Wiedererlangung der geschmälerten Macht­befugnisse zu unternehmen und hiebei auf die Unterstützung Preussens und Englands zu rechnen, machte der Erbstatthalter in dieser Richtung einige, wenn auch schüchterne Versuche. Er liess Frei-Corps im Lande anwerben und den Bürgermilizen entgegenstellen etc. In Folge dieser Verfügung nahmen die Stände von Holland dem Prinzen-Erbstatthalter das Commando über die Besatzung von Haag und das Patentrecht, vermöge dessen er die Garnison eines Platzes verstärken oder auch vermindern konnte. Gleichzeitig öffneten sie das Hauptthor des landständischen Palastes dem Volke. Der hiedurch um die persönliche" Sicherheit seiner Familie besorgte Prinz Wilhelm V. verhess Haag und begab sich nach Nymwegen, um der Grenze der preussischen Besitzungen nahe zu sein und eventuell Hilfe von Cleve aus reclamiren zu können. Seine Entfernung vom Regierungssitze war das Signal für Nymwegen, Zütphen und andere Städte Gelderns von den Ständen der Provinz die Annullirung der Verordnung von 1674, auf welcher die dem Erbstatthalter eingeräumten Vorrechte beruhten, zu verlangen. Hiedurch ermuthigt, leisteten die Städte Hattem und Eiburg den landesbehördlichen Verfügungen Widerstand und mussten mittelst Waffengewalt zum Gehorsam zurückgebracht werden. Während nun Freiwillige aus Amsterdam und mehreren Städten Ober-Yssels zur Vertheidigung ihrer Mitbürger nach Hattem herbeieilten, traten die

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