Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
Darstellungen gebildet. Es steht fest, dass Josef für dieses Unternehmen, wenn es auch misslang, Anerkennung verdient und dies nicht minder vom wahrhaft deutschen, als vom österreichischen Standpunkte aus. Denn sowohl Deutschland als Österreich hätte es zum Heile gereicht, wenn Josef’s Plan der Erwerbung Bayerns verwirklicht worden wäre.“ „Deutschland wäre dieses Gelingen zugute gekommen, weil nur dadurch die seit dem Verluste Schlesiens allzusehr verringerte und durch Preussen schon in Schatten gestellte Macht des Kaiserhauses in Deutschland vermehrt und wieder zu jenem Übergewichte gelangt wäre, welches allein erforderlichen Falles ein einheitliches Auftreten Deutschlands gegen einen auswärtigen Feind möglich gemacht hätte. Die Ereignisse, welche dies beweisen sollten, Hessen nicht lange auf sich warten; schon zehn Jahre später traten sie ein, und wenn Österreich durch die Erwerbung Bayerns mächtiger gewesen wäre in Deutschland, so hätte der Baseler Friede wohl niemals geschlossen werden können. Wir vermögen daher denjenigen nicht beizustimmen, welche die Bestrebungen, die im vorigen Jahrhunderte darauf gerichtet waren, die Kaisermacht, weil sie bei Österreich war, nicht zur Erstarkung gelangen zu lassen, als deutschpatriotische priesen, während die etwaige gleiche Richtung in der Gegenwart, weil ihre Spitze gegen Preussen sich kehren würde, von denselben Personen als particularistisch verdammt wird.“ „Sowie vom deutschen Standpunkte aus die Handlungsweise Josef’s ein berechtigter Tadel nicht treffen kann, so wird sie auch von demjenigen Österreichs nur volle Billigung verdienen. Denn die Er Werbung Bayerns hätte dem deutschen Elemente in Österreich jenes Übergewicht verschafft, welches die Erstarkung und Kräftigung dieses Staates, die Erfüllung seiner Culturaufgaben wohl für alle Zukunft gesichert und es ihm wesentlich erleichtert hätte, die erschütternden Krisen siegreich zu bestehen, von denen er noch in unseren Tagen in so bedrohlicher Weise heimgesucht wird“ l). Während der Unterhandlungen über die holländische Differenz und das damit in Verbindung gebrachte bayerische Tauschproject hatte Friedrich II. einen weiteren entscheidenden Schritt gethan, den beabsichtigten Ländertausch zwischen Österreich und Bayern zu hintertreiben. Die Auflösung der russisch-preussischen Allianz und die Ersetzung derselben durch ein Bündniss zwischen Österreich und Russland, wodurch Preussen völlig isolirt wurde, sowie die Abrundungsund Reichspolitik Kaiser Josef II. hatten den König bestimmt, eine *) *) Arneth: „Josef II. und Leopold von Toscana. Ihr Briefwechsel von 1781 bis 1790“. Mittheilungen des k. k Kriegs-Archivs. 1883. 12