Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

162 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. gestört werden“, setzte das k. k. Cabinet ebenso triftige juridische Gründe entgegen und schloss, wie folgt: Was den Zuwachs für Österreich und das Übergewicht betreffe, so entstehe 1. die Frage: ob denn das Gleichgewicht in Europa und Deutschland durch alle die Vergrösserungen Preussens und die Ver­luste Österreichs seit dem Badener Frieden nicht verschoben worden sei? und 2. es sei nicht von einer Erbschaft, sondern von einem Tausche die Rede gewesen und Bayern werde auch ohne einen Vor­mund seinen Vortheil zu ermessen wohl im Stande sein. Preussen habe bei dem in Vorschlag gebrachten Eintausche der Lausitz gegen die fränkischen Fürstenthümer vorzüglich auf seine Abrundung es ab­gesehen gehabt; sollte nun ein Gleiches auch Österreich nicht erlaubt sein? Wegen der angeblichen Verletzung des durch die Ereignisse selber aufgehobenen Barriére-Tractates müsste der König von Preussen sich vor Allem durch eine Vollmacht ausweisen, dass er von den Seemächten beauftragt sei, darüber Beschwerde zu führen. Wie Preussen, so hatten auch die misstrauischen kleinen Höfe im Reiche, in dem Gelingen des österreichischen Tauschprojectes alle ehemaligen Territorien Südwest - Deutschlands in die österreichische Monarchie eingefügt, Baden durch einen neuen Austausch beseitigt und die österreichische Grenze bis an den Rhein vorgeschoben gese­hen. Man calculirte, dass Österreich im Besitz des fruchtbaren Bayerns, in beiden Flanken durch die vorspringende Lage Böhmens und Tirols geschützt, Herr fast des ganzen Donau-Laufes, durch alte Ansprüche und Rechte des Kaiserhauses auch da von überwiegendem Einflüsse, wo das Gebiet durch kleinere Territorien deutscher Reichsstände durchbrochen war, seine Besitzungen im Breisgau, in der Ortenau, am Bodensee, an der Donau, nun mit wohlabgerundetem Hinterlande in Zusammenhang bringend, zu einer Machtfülle gelangt wäre, die ihm vom Rhein bis zur türkischen Grenze ein fortlaufendes Gebiet und in Süddeutschland die Herrschaft hätte verschaffen müssen. Ungeachtet dieser Anschauungen jener Zeit haben mehrere Ge­schichtschreiber in dem bayerischen Ländertausche nicht allein das Mittel einer Arrondirung Österreichs, sondern auch einer besseren und strammeren Organisation Deutschlands erblickt und diejenigen verurtheilt, die das Project durchkreuzten. Sie ergehen sich in Lobes­erhebungen über den deutschen Sinn Kaiser Josef II., seiner Rath­geber und ausführenden Organe *). Höchst bemerkenswerth aber erscheint, wie ein bedeutender vater­ländischer Geschichtschreiber urtheilt. Arneth schreibt nämlich: „Oft schon hat der Verlauf der Angelegenheit des Eintausches Bayerns gegen die österreichischen Niederlande den Gegenstand eingehender Hiiusser: „Deutsche Geschichte vom Tode Friedrich des Grossen bis zur Gründung des deutschen Bundes“.

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