Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
Österreich mit pecuniären Nachtheilen und Verlusten grosser Hilfsquellen verbunden sei. Dem Herzog von Zweibrücken, welchen die Kaiserin so freigebig mit Geld unterstütze, würde er, der Kaiser, sogleich und auch für die Zukunft eine Vermehrung der Revenuen verschaffen, deren er in der Geldnoth, in welcher er stecke, so dringend benöthige. Die Kaiserin beantwortete diesen Brief des Kaisers schon am 23. Mai mittelst eines Schreibens, worin sie ihrem Wunsche Ausdruck gibt, Alles, was in ihrer Macht liegt, anzuwenden, um zu dem Erfolge seiner Projecte das Möglichste beizutragen. Sie habe nichts so sehr am Herzen, als Seiner Majestät ihre Erkenntlichkeit für alles das zu bezeugen, was er für sie anlässlich des Arrangements mit der Pforte gethan habe. Die Abrundung der Staaten des Kaisers durch Verminderung der Grenzerstreckung werde ihm die Mittel erleichtern, sich nach jener Seite zu wenden, wo es das Bedürfniss erfordere. Sie habe ihren Gesandten in Frankfurt, den Grafen Rumjanzoff beauftragt, nichts zu vernachlässigen, den Herzog von Zweibrücken fühlen zu lassen, wie sehr er Grund habe, dem Oberhaupte des deutschen Reiches sich gefällig zu erweisen, um sein Schicksal verbessern zu können. Am 13. und 18. August fanden Conferenzen zwischen dem Chur- ftirsten von Bayern und dem österreichischen Gesandten bezüglich des Austausches statt, die kein Resultat ergaben. Gegen Ende September kam es nochmals zu einer ausführlichen Auseinandersetzung des Gegenstandes zwischen denselben. Diesmal erschien das grosse Vorhaben in der Hauptsache bereits gesichert; nur hielt der Churfürst mit dem Abschlüsse zurück, weil er besondere Rücksichten auf den Herzog von Zweibrücken — den nächsten Agnaten — zu nehmen hatte. Bevor mit diesem darüber nicht verhandelt, könnte kein definitiver Abschluss erfolgen. Inzwischen war der Herzog auf dem geheimen Wege über Frankreich von den Thatsachen einer Unterhandlung zwischen den Höfen von Wien und München, die auch seine Person betreffe, infor- mirt worden. Da man sich dessen bewusst war, dass der von Frankreich abhängige Herzog Carl ohne Rathschläge des Versailler Hofes nichts unternehmen und keinen Entschluss fassen würde, so liess Kaiser Josef im October 1784 seinen Gesandten in Paris, den Grafen Mercy, von dem Tauschprojecte zu dem Zwecke in Kenntniss setzen, das französische Ministerium zu bewegen, die Sache als von demselben ausgehend, den beiden Pürsten von Bayern und der Pfalz darzustellen. Durch Gewinnung derselben für das Tauschproject würde Frankreich das Mittel geboten werden, nicht allein den Krieg zu vermeiden, sondern auch die Holländer auf immer von seiner Nachbarschaft zu befreien. Das französische Cabinet ging auf diese Zumuthung nicht ein, vielmehr schürte es im Geheimen gegen Österreich. Da wandte sich der Kaiser selbst brieflich an den König Ludwig XVI., um dessen