Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

VI. Der Schelde-Streit mit Holland (1781—1785). 153 Im amerikanischen Kriege von 1778 bis 1784 hatten sich die vereinigten Niederlande durch Anschluss an Frankreich und Amerika von England emancipirt. In Folge dessen setzten die Engländer Alles in Bewegung, um einen Bruch zwischen Kaiser Josef und Holland herbeizuführen. Dies gelang denn auch einige Jahre später. Im Herbste 1783 nämlich hatten sich auf verschiedenen Punkten der gemeinsamen Grenze Hollands und der österreichischen Nieder­lande Streitigkeiten entsponnen, an denen sich die Bevölkerung und die Truppen betheiligten. Der Kaiser forderte daher am 4. November 1783 die Wiederherstellung der Grenzen in Flandern auf dem vertrags- mässigen Fusse, indem er gleichzeitig einige Grenzforts militärisch besetzen und die holländischen Besatzungen daraus vertreiben liess. Den Anstoss hiezu gab die Nichtbeachtung des Barrieren-Vertrages von Seite Hollands, die schmachvolle Vertheidigung der nieder­ländischen Festungen im Kriege von 1744 bis 1745, ferner die Bei­trittserklärung Österreichs vom 9. October 1781 zu den von Russland aufgestellten Principien und Massnahmen behufs Erhaltung der Handels­und Schifffahrts-Neutralität. Zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen Österreich und Holland trat hierauf im Monate April 1784, unter der Vermittlung Frankreichs, ein Congress der beiderseitigen Abgeordneten in Brüssel zusammen. Der Kaiser forderte 60 Millionen Gulden, welche Holland an die Niederlande schuldete, die Schleifung einiger holländischer Festungen, dem Frieden von Westphalen gemäss, und die Landeshoheit auf beiden Ufern der Schelde von Antwerpen bis Saftingen. Überdies sollte Holland auf Grund des im Jahre 1673 mit Spanien vereinbarten Über­einkommens einige zu Antwerpen gehörige Ortschaften, dann Mastricht, die Grafschaft Vroenhofen und das holländische Viertel über der Maas an Österreich abtreten. Die Unterhandlungen nahmen nach und nach einen verbitterten Charakter an, drohten in die Länge sich zu ziehen und resultatlos zu verlaufen. Da stellte der Kaiser das Ultimatum, in welchem er alle seine Gebietsansprüche und sonstigen Forderungen unter der Bedingung preisgab, dass die vereinigten Niederlande die Schelde, deren Sperre seit dem Jahre 1648 den Handelsneid der Holländer, besonders den Rotterdams und Amsterdams gegen Ant­werpen veranlasst hatte, der belgischen Schifffahrt eröffnen würden, um hiedurch dem unmittelbaren Verkehre seiner Unterthanen mit fremden Welttheilen keine Schwierigkeiten entgegenzusetzen. Diesem Anträge gemäss liess der von Entschlüssen rasch zu Thaten über­gehende Kaiser am 25. August 1784 die Erklärung folgen, er sehe jetzt schon die Schelde als frei an und werde jedes Hinderniss und jeden Gewaltact, die bei der Ausführung dieses Vorhabens der öster­reichischen Flagge entgegengestellt oder zugefügt würden, als eine Feindseligkeit und Kriegserklärung ansehen. Die Generalstaaten legten

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