Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
150 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. triebenen Tataren-Khans der Krim, Schahiu Girai, und erklärte, dass er denselben mit seiner ganzen Macht zu unterstützen entschlossen sei. Bald darauf führte ihn ein russisches Corps von 5000 Mann unter General Samoiloff in seine Staaten zurück, indess ein Corps von 20.000 Mann Stärke unter General-Lieutenant Valmain die Linien von Perekop besetzte und eine russische Flotten-Abtheilung von Azow auslief, um die Verbindung der Krim’schen Tataren mit ihren Stammesgenossen am Kuban und Taman zu unterbrechen und die Halbinsel Krim zu blokiren. Nach hergestellter Ruhe wandte sich die Kaiserin Katharina an den Kaiser Josef, ihre Schritte in Constantinopel zu unterstützen. Es erhielt nun der kaiserliche Internuntius Freiherr von Herbert die entsprechenden Weisungen und übergab in Gemeinschaft mit dem russischen Gesandten, v. Bulgakoff, dem Divan eine Note, in welchem die beiden Kaiserhöfe in drohendem Tone die Erhaltung des Friedens und der zwischen Russland und der Türkei bestehenden Tractate forderten. Die gemeinsame Action der beiden Mächte hatte den gewünschten Erfolg. Schon Mitte December 1782 benachrichtigte die Kaiserin den Kaiser, dass ihre in Constantinopel überreichte und von dem französischen Gesandten Grafen St. Priest unterstützte Erklärung den Sultan zur Nachgiebigkeit bestimmt habe. Inzwischen hatte Russland eine bedeutende Truppenmacht in der Krim und am Dniester zwischen Chotin und Bender zusammengezogen, über welche Anfangs April 1783 der Feldmarschall Fürst Potemkin mit dem Hauptquartier Cherson das Ober-Commando übernahm, um die mit dem Ukas vom 20. April (a. St.) decretirte Besitzergreifung der Krim durchzuführen. Kaiser Josef traf Anstalten zur eventuellen Aufstellung einer Observations-Armee in Böhmen und Mähren, um die Einmischung fremder Mächte in den russisch-türkischen Streit zu verhindern. Unter diesen Verhältnissen erkannte die Pforte die vom Petersburger Cabinet als conditio sine qua non gestellten, die Angelegenheiten der Krim betreffenden Artikel des Friedensvertrages von Kutschuk-Kainardschi im Principe an. Da aber indessen die Türken durch ein Detachement, im Namen des Sultans, Taman in Besitz nahmen und den Boten des Khans von der Krim, welcher hierüber Aufklärung verlangte, in den Kerker warfen und enthaupteten, so betrachtete die Kaiserin Katharina die Annahme ihrer Propositionen in Constantinopel blos als Zeitgewinn. Sie vermuthete, dass die Pforte zu Lande und zu Wasser in Stärke sich waffnen wolle und Allianzen suche, um den Krieg erklären zu können. Für diesen Fall war ihr Entschluss unwiderruflich gefasst; auch in der Folge zur Erhaltung des Friedens geneigt, würden die kriegsbereit gestellten russischen Heere sofort in’s Feld rücken und die Operationen beginnen, wenn der Divan durch Herausforderung