Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

Theil der Walachei am linken Donau-Ufer und am rechten Ufer dieses Stromes ein drei Meilen (22’5km) breiter Landstrich, von Nico- polis bis Belgrad einschliesslich dieser Stadt, dann der Orte Orsova, Widdin und Nicopolis, welche als Brückenköpfe zur Deckung Ungarns einzurichten wären. Von Belgrad hätte die nach der Terrain-Configura­tion bis zu dem Golfe des Drin am Adriatischen Meere zu ziehende geradeste und kürzeste Linie die Grenze der Monarchie zu bilden und es wäre zu letzterer das zwischen der Grenze und dem Meere liegende Albanien, Serbien, Bosnien, Hercegovina, Istrien und das venetianische Dalmatien zu schlagen. Die Erwerbungen dieser Länder würden das einzige Mittel bieten, um die Erzeugnisse der öster­reichischen Staaten im Preise zu steigern. Die Republik Venedig könnte für ihre Gebietsabtretungen an Österreich durch die Halbinsel Morea, die Inseln Candia, Cypern und andere Eilande des Archipels reichlich entschädigt werden, die ohnehin Österreich durch die Türken und Venetianer vermittelst List und günstiger Umstände in einem Augen­blicke der Schwäche entrissen wurden. „Die Vergrösserung des österreichischen Staatsgebietes durch Ein­fügung von Küstenländern würde den Kaiser in den Stand setzen, so wie Venedig einige Kriegsschiffe zu unterhalten und hiedurch der Kaiserin bei allen Anlässen viel nützlicher zu sein. „Es verstehe sich, dass der Handel auf der Donau bis zur Ein­mündung dieses Stromes in das Schwarze Meer sowohl, als durch die Dardanellen-Strasse in das Mittelmeer für österreichische Unterthanen vollständig frei bleiben müsste. Demzufolge würden sich die beiden neuen Reiche, Dacien und Griechenland, verbindlich machen, öster­reichische Schiffe niemals mit Zöllen zu belegen, oder der freien Schifffahrt andere Hindernisse in den Weg zu legen. „Bei Zustandekommen des zuvor erwähnten Arrangements würde der Friede von Teschen ganz intact bleiben, die Errichtung des für den Neffen der Czarin bestimmten Reiches stünde um desto erhabener da und jeder Streit über die Grenzen und die Theilung, der ohne vorherigen Ausgleich unvermeidlich wäre, hörte von selbst auf. „Frankreich und der König von Preussen seien es daher haupt­sächlich, deren man sich versichern müsste, da man sonst ausser Stande wäre, gegenseitig mit Kraft sich beizustehen. „Der Kaiser erwarte daher von der hohen Einsicht der Kaiserin, das Wann und Wie behufs Einleitung der zu unternehmenden Schritte, dann die Vollmacht, Frankreich in der besprochenen Angelegenheit zu sondiren, um von dieser Macht die erforderliche Gewissheit zu erlangen.“ Uber die orientalische Frage mit Österreich einig und der vertrags- mässigen Hilfe des Kaisers für den Kriegsfall sicher, verlangte der Peters­burger Hof von der Pforte unbedingt die Wiedereinsetzung des ver­11*

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