Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Die Kaiserkrönung Nikolaus I. von Russland 1826. (Aus den hinterlassenen Papieren des FML. Eugen Graf Haugwitz)
128 Die Kaiserkrönung Nikolaus I. von Russland, 1826. Die Bibliothek ist ein schöner runder Saal mit Säulen, in der Mitte mit einem Gasluster; sie besteht erst seit 6 Jahren und wurde durch Wolkonsky geschaffen. 14. November. Parade des Fahnenjunker-Institutes. Dasselbe besteht aus 160 der Infanterie und 50 der Cavallerie entnommenen Cadeten der Garde-Regimenter, die nach einem zweijährigen militärwissenschaftlichen Curs als Cornets in die Garde treten. 15. Parade der Pawlowski’schen Grenadiere. Das Auge des Kaisers ist einzig: er bemerkt jede Kleinigkeit auf den ersten Blick und rügt es. Besonders an der Cavallerie hat er noch einen genaueren Überblick. Er nimmt jede Abweichung, Ungleichheit oder unrichtige Bewegung in Faust, der Füsse des Mannes oder am Pferde wahr. Diese Eigenschaft muss selbstverständlich grosse Residtate liefern. Er trifft in all’ und jedem den Nagel auf den Kopf, ist dabei von einer Ruhe, Sicherheit und Würde, die einzig ist und Bewunderung sowohl, als Vertrauen einflösst. Grosse sonstige herrliche Anlagen, die er vereiniget, machen ihn zu einem grossen Souverain. 20. Mit der Kaiserin Mutter im Smolnoi-Kloster gewesen. Der eine Theil ist Erziehungsanstalt für 300 bis 400 bürgerliche Mädchen von 11 bis 18 Jahren. Die Mitte eine Anstalt für 600 Witwen, dann Spitäler für beide Institute. Der neue Theil, „Voskrcsinska“ genannt, ist adeliges Fräulein-Erziehungs-Institut mit 400 bis 500 Individuen, die neun Jahre darin verbleiben, nämlich von 9 bis 18 Jahren. Beide Institute sind auf dem nämlichen Fuss, wie jene in Moskau ■— doch finde ich die hiesigen vorzüglicher hinsichtlich des Unterrichtes. Alles spricht vollkommen französisch, ein grosser Theil geläufig deutsch. Viel Reinlichkeit, schöne tenue, gefälliger Anzug und Haltung, durchaus Alle gut gewachsen. Verwunderlich, wie die Kinder sich in Geschichte, Literatur, Geographie und Physik befriedigend ausdrücken. Der Instructions-Chef Hermann hat hierin Unglaubliches geleistet. Die Kaiserin Mutter ist die Seele, die Alles belebt, sie ist im strengsten Sinne eine liebende Mutter dieser Eleven. 22. Mit der Kaiserin Mutter das Katharinen-Stift — von ihr gegründet -— besucht. Es besteht für 300 Fräuleins. Dieselben werden mit 10 bis 12 Jahren aufgenommen und haben 6 Jahre daselbst zu verbleiben. 2. December. Abschiedsvisiten gemacht. Prinz Hessen-Homburg erhielt den Andreas-Orden in Diamanten, dann ein Tafel-Service in Glas, Malachit-Vasen u. dgl. 4. Petersburg verlassen, nach Dorpat; 6. in Riga, 8. Mittau, 9. Korno, 11. Warschau erreicht. 12. December. Parade, der Grossfürst Constantin äusserst herablassend. Der Platz war voll Schneewasser und kalt, dies verhinderte nicht, dass dreimal defilirt wurde und die Cavallerie wacker herum