Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
IV. Der bayerische Erbfolgekrieg' 1778—1779. 105 seinen erworbenen Ruhm zu erhalten, und der Andere darauf ausging, den seinigen zu gründen und eine Feldherrnlaufbahn sich zu eröffnen, erschöpften ihre Schätze und richteten ohne Schlacht mehr oder weniger ihre schönen Heere zu Grunde. Friedrich II. erhielten theils die Schwäche eines kränkelnden Körpers, theils der Gedanke an die unversehrten Lorbeeren seiner nun grau gewordenen Schläfe in absichtlicher und unabsichtlicher Unthätigkeit, Josefs II. sanguinischen Jugendsinn aber zügelte im Lager die Ehrfurcht vor seinem Gegner und im Rathe das bedächtige Alter der friedliebenden Mutter. Dieser Grundursache dürfte es zuzuschreiben sein, dass der bayerische Erbfolgekrieg weder durch entscheidende Zusammenstösse noch durch Niederwerfung einer der kriegführenden Mächte sich bemerkbar machte. Nichtsdestoweniger war der Feldzug von 1778 in hohem Grade belehrend. Zwei mächtige feindliche Heere fallen in Böhmen ein, zehren die von ihnen besetzten Gebirgsgegenden ganz aus und treten sodann, durch Krankheiten, Desertionen, Vernichtung der Trainbespannungen und der Reiterei um Tausende vermindert, durch Mangel, Entbehrungen, schlechtes Wetter, frühzeitigen Winter und die Nachtheile des Bodens von gänzlicher Auflösung bedroht, unter grossen Beschwerden und Gefahren die rückgängige Bewegung an. Die Ki’iege der Friedericianischen Zeit hatten die verderbliche Eigenschaft, durch die Bedächtigkeit der Armeebewegung und durch das lange Stillliegen grosser Streitmassen auf denselben Lagerplätzen das umliegende Gelände derart zu erschöpfen, dass der entsetzlichste Mangel, dem durch die regelmässigsten Zufuhren nur zum Theil abzuhelfen war, die Truppen mehr desorganisirte, als die Gewaltmärsche der Neuzeit, wo der Soldat in noch nicht ausgesogenen Gegenden auch täglich neue Quellen zu seinem Unterhalte findet. Dennoch haben die Preussen und Österreicher in dem Feldzuge bedeutende Marschleistungen aufzuweisen. Der bei Berlin cantonnirende Heerestheil von 19 Bataillonen, 25 Escadronen marschirte in sieben Tagen nach dem 32 Meilen (230km) entfernten Dresden, legte daher täglich im Durchschnitte 44/, Meilen (34km) zurück. Die Bewegung der Armee des Prinzen Heinrich von Dresden über Frauenstein-Freiberg und Marienberg nach Sebastiansberg (Basberg) in Böhmen und zurück nach Sachsen, sowie deren Vormarsch von Pillnitz über Radewalde, Hainspach und Rumburg nach Schwoike in Böhmen vom 17. Juli bis 2. August stellen sich als beträchtlich heraus, denn die Truppenmassen machten in siebzehn Tagen gegen 60 Meilen (450km) oder täglich gegen 3 */2 Meilen (26km). Ebenso sind die Märsche des Corps von 29 Bataillonen, 55 Escadronen, welches unter dem Befehle des Königs bei Frankenstein concentrirt wurde und das vom 6. bis 9. April täglich 5 bis 6 Meilen (37'5 bis 45km) zurücklegte, bemerkenswert!!.