Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
98 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. 29 Millionen Thaler und büsste in dem Kriege 20.000 Mann ein, ohne dass es für diese Verluste auch nur im mindesten schadlos gehalten worden wäre. Aus der Entzweiung und dem Kampfe der beiden deutschen Mächte zog Russland den Hauptgewinn. Durch das Hereinziehen der Kaiserin Katharina in den Streit, ihre Dazwischenkunft und Garantieleistung für den Teschner Frieden erlangte das nordische Reich zum ersten Male ein Anrecht zur Einmischung in die Angelegenheiten des deutschen Reiches und erwarb hiedurch eine dominirende Stellung im europäischen Staatensysteme. Betrachtungen. Kaiserin Maria Theresia, deren Regierung der geräuschvolle Kampf der Waffen oder der stille Krieg der Diplomatie gegen Österreichs grössten Widersacher Friedrich II. kennzeichnet, hatte, wie bereits erwähnt, den Friedensschluss von Teschen mit grösster Befriedigung aufgenommen. Von der Rückerinnerung an das Unglück beherrscht, welches ihr die Rivalität des Preussenkönigs verursacht, war die grosse Monarchin, als ob sie den Vorabend ihres thatenreichen Lebens geahnt, einzig von dem Wunsche beseelt, ihren Nachkommen ungeschmälert und unbestritten das Erbe zu hinterlassen, welches sie mit unendlicher Mühe und grossen Opfern gegen zahlreiche Feinde behauptet. Hingegen fühlte sich Kaiser Josef im Innern verletzt, dass er aus den im Feldzuge errungenen Vortheilen: zwei starke Armeen unter grossen Heerführern zum Abzüge gezwungen, ihre Streitkräfte decimirt und dabei die eigenen Kampfmittel bedeutend vermehrt zu haben, — nicht jenen Gewinn gezogen hatte, der ihm entweder schon zukam, oder den er noch zu erwarten berechtigt war. Hierüber äusserte er gegen Breteuil: ,,Österreich würde bei Fortsetzung des Krieges 380.000 Mann in’s Feld gestellt haben. Mit einer solchen Streitmacht könne man in seinem Alter nur mit einigem Bedauern auf den Frieden blicken. Aber man musste es verstehen, dem Willen der Kaiserin und den Umständen sich zu unterordnen. Im letzten Feldzuge sei die k. k. Armee in weniger als sechs Monaten von 140.000 auf 280.000 Mann gebracht worden.“ Friedrich II., der durch den Krieg ausser einigen Erwerbungen noch das Protectorat über das deutsche Reich an sich reissen und als mächtiger und grossmüthiger Vertheidiger seiner Freiheiten sich zeigen wollte, war nicht ohne Besorgniss über dessen Ausgang. Prinz Heinrich aber, einerseits von den Gefahren, in welche der siebenjährige Krieg Preussen gestürzt hatte, betroffen, anderseits durch den Erfolg seiner Unterhandlungen in Petersburg gelegentlich der ersten Theilung Polens ermuthigt, neigte der Meinung zu, dass Deutschland