Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)
Die erste Belagerung Wien's durch die Türken im Jahre 1529
Die erste Belagerung Wien’s durch die Türken im Jahre 1529. 339 Officiere sterben zu wollen, als durch die spanischen langen Rohre oder die deutschen Bratspiesse umzukommen“. Gegen Mittag flogen zwei Minen rechts und links des Kärntner- thores auf; eine dritte Mine mit 26 Tonnen Pulver, welche die Burgbastei sprengen sollte, war rechtzeitig entdeckt und das Pulver weggenommen worden. Immerhin lagen 84m des Walles in Bresche; jetzt schien den Janitscharen die Aufgabe viel leichter, und so stürmten sie, aufgestachelt durch die ihnen in Aussicht gestellte reiche Beute, mit vielem Muthe gegen die breite Lücke. Allein so wüthend und grimmig der Anlauf, so standhaft und heroisch war die Abwehr. Bis 2 Uhr Nachmittags wurde hartnäckig Mann an Mann gekämpft, ohne dass es den Türken gelungen wäre, auf Einem Punkte einzudringen. Eck von Reischach schlug die Stürme links vom Kärntnerthurme ah, Graf Niklas von Salm jene rechts desselben. Hier empfing Salm im glorreichsten Augenblicke seines thatenreichen Lehens durch einen abspringenden Stein eine Wunde' am rechten Schenkel, an deren Folgen er, wie erwähnt, sechs Monate später starb. 350 türkische Leichen füllten bereits den Wallbruch; da gab Soliman das Zeichen, von dem vergeblichen Stürmen abzustehen. Aufhebung der Belagerung. Gegen Mitternacht hoben die Türken das Lager um Wien auf, verbrannten, was sie nicht mitzuschleppcn vermochten, und verübten haarsträubende Grausamkeiten an ihren Gefangenen. Gegen 2000 Christen fanden hiebei in der unmenschlichsten Weise ihren Tod. Die Ursache zu dem unerwartet raschen Abzüge der Türken lag vor Allem in dem beispiellos zähen Widerstande der Besatzung, welcher nur durch eine länger dauernde Belagerung bezwungen werden konnte, der aber die verweichlichten Morgenländer in Folge der bereits stark vorgeschrittenen kalten Jahreszeit nicht gewachsen waren. Dazu trat die bedenkliche Nähe von Entsatztruppen *), Mangel an Verpflegung für das ungeheure Heer und besonders für die zahlreichen Pferde, da man anfänglich Alles verwüstet hatte und nunmehr zu weit ausgreifenden Fouragirungen gezwungen war, zahlreiche Lagerkrankheiten, welche immer grössere Dimensionen annahmen, und endlich die Unzufriedenheit und Unbotmässigkeit der Truppen. Zwischen 15. und 17. October setzte sich das ganze Heer allmälig in Bewegung und zog während eines mehrtägigen Schnee’) Bei Znaim sammelten sich zu dieser Zeit 23.000 Mann mährischer Truppen, Kaiser Carl V. liess 20.000 Mann aus Italien nach Deutschland aufbrechen, und die Herzoge Wilhelm und Ludwig von Bayern hatten schon 38.000 Mann an der österreichischen Grenze concentrirt. Der zaudernde Pfalzgraf Friedrich stand mit circa 10.000 Mann noch hei Krems.