Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)

Die erste Belagerung Wien's durch die Türken im Jahre 1529

338 Die erste Belagerung Wien’s durch die Türken im Jahre 1529. der Türken blutig zurück. Der Muth der Osmanen war unter den Misserfolgen der bisherigen Stürme bedeutend gesunken, denn man sah von den Thürmen der Stadt, dass die Begs und Paschas mit Säbelhieben ihre Truppen zum Anlaufe antreiben mussten. Um 3 Uhr Nachmittags und um 7 Uhr Abends erneuerte sich der Sturm, der aber immer wieder an der Unerschrockenheit der helden- müthigen Vertheidiger scheiterte. Zur Abwehr der Stürme waren aus allen Quartieren der Stadt Verstärkungen herangezogen worden. Wie gewöhnlich besserten in der Nacht die unermüdlichen Soldaten die Schäden der Festungswerke aus, räumten den Mauer­schutt weg und trachteten durch gefüllte Schanzkörbe, Bäume und Pfosten eine neue Brustwehr herzustellen. Nach den Gesetzen des Islam war der Waffenehre mehr als Genüge geleistet, da diese in der Schlacht sowohl, wie bei Belagerungen nur den dreimaligen Anlauf fordern, während die Türken bisher drei grosse Stürme versucht hatten, wovon jeder zweimal wiederholt wurde. Trotzdem setzte es Ibrahim Pascha bei einem noch am selben Tage stattgefundenen Kriegsrathe, dessen Majorität für die Aufhebung der Belagerung war, durch, dass am 14. October ein letzter Sturm zu versuchen sei, und wenn auch dieser misslänge, die Belagerung aufgehoben werden solle. Der 13. October wurde zur Vorbereitung des Sturmes benützt; die Janitscharen erhielten, um ihren gesunkenen Muth zu entflammen, jeder den Sturmsold, d. i. 20 Ducaten; ausserdem wurden hohe Belohnungen für besondere Leistungen ausgesetzt. Die tapferen Vertheidiger Wien’s blieben aber an diesem Tage nicht unthätig, sondern es fiel eine Reiterabtheilung unter Paul Bakics und Johann Katzianer gegen Nussdorf aus. Die weit vorgesendete Vorhut unter Emerich Magnus lockte durch eine geschickt durch­geführte Scheinflucht die nachstürmenden Osmanen in den von Bakics in den Weingärten gelegten Hinterhalt, wobei unter den Türken ein förmliches Blutbad angerichtet wurde. Von den hiebei Gefangenen erfuhr man die Absicht der Belagerer, nächsten Tag den letzten Sturm zu unternehmen. Die Bergleute entdeckten wieder eine Mine unter dem Kärntner- thurme, und entnahmen derselben sechs Tonnen Pulver. Die frohe Nachricht von dem baldigen Anzuge König Ferdinand’s und des Pfalzgrafen Friedrich belebte neuerdings den Muth der Ver­theidiger, welche sich für den kommenden schweren Tag rüsteten und bereit waren, auf den Trümmern ihrer Wälle zu siegen oder zu sterben. Am 14. October, dem 24. und letzten Tage der Belagerung, wurden die Türken schon um 7 Uhr Früh in drei grosse Haufen gesammelt; doch vergeblich bemühten sich der Grossvezier und die Begs, dieselben zum Anlaufe zu bringen. Sie erklärten: „lieber von der Hand ihrer

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