Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805
Tagebucliblätter ans dem Jahre 1805. 519 angefangen bis zum letzten Officier, um ihr Lager völlig unbekümmert, in den umliegenden Ortschaften bequartiert waren. Ein weiterer Fehler war, dass der General en chef Kutusow und seine Divisionäre im Hauptquartiere mehr an ihre Bequemlichkeit als an eine Inspicirung des Lagers oder Recognoscirung der feindlichen Stellung dachten. Endlich erfuhr man um Mitternacht im Hauptquartiere, dass der Feind Miene mache anzugreifen. Es wurden nach allen Seiten mittelst Adjutanten und Ordonnanzen die Dispositionen axisgesendet. Die meisten der Ausgeschickten aber wussten nicht, wo die verschiedenen Truppenkörper lagerten, daher geschah es, dass mehreren der letzteren keine Befehle zugekommen sind; dies war hauptsächlich bei den russischen Brigadieren, Stabs- und Ober-Officieren der Fall, da von ihnen, wie schon erwähnt, keiner im Lager anwesend war. Den 2. December, um 7 Uhr Morgens, ward, bei so dichtem Nebel, dass man kaum auf 50 Schritt weit Aussicht hatte, ein lebhaftes Feuer hörbar, ohne dass man unterscheiden konnte, welcher Theil unserer verbündeten Armee angegriffen hätte oder vom Feinde angegriffen worden sei. Wir sahen nur so halb und halb, dass die russischen Colonnen treffenweise sich vor uns in verschiedenen neuen Aufmärschen in Schlachtordnung setzten, und dass kurz darauf die französischen Freicorps, welche fast so wie die Russen montirt waren, gegen dieselben vorrückten. Da starker Nebel war, glaubten die Russen, dass ihre Jäger oder andere Truppen sich auf sie retiriren wollten und feuerten daher gar nicht, sondern blieben in bester Ordnung (ohne Weisungen ihrer Bri- gadiere, Stabs- und < )bor-Officiere, welche sich noch in denen Ortschaften ganz unbesorgt befanden) stehen. Erst als der Feind, in Massen for- mirt, bis auf ungefähr 20 Schritt sich näherte, bemerkten sie, dass sie im Irrthuine seien und warfen sich ihm mit verzwciflungsvollem Muthe und ausnehmender Tapferkeit entgegen. Nun wurde das Handgemenge allgemein, welches, bei der Entschlossenheit der Russen, ein Zurückdrängen der ersten feindlichen, aus verschiedenen Reichstruppen gebildeten Massen zur Folge hatte. Endlich avancirten die en échiquier aufgestellt gewesenen französischen Grenadiere und stürmten, als sie das Zurückweichen ihres ersten Treffens wahrnahmen, ihre Hüte gegen das linke Auge stark herabgedrückt, ungestüm vor. Die Russen, immer noch ohne Leitung von Seite ihrer Vorgesetzten, blieben trotzdem noch vollkommen geschlossen und machten einen Offensivstoss. Der Kampf wurde beiderseits so hartnäckig geführt, dass er lange Zeit hin und herwogte, bis endlich die russischen Massen sich lockerten und von der französischen Cavallerie im Rücken genommen wurden.