Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805
508 Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805. Der Mond schien sehr helle, und ich konnte alle feindlichen Abtheilungen links seitwärts der Strasse auf den Feldern in zwei Treffen gelagert, durch ihre Lagerfeuer deutlich wahrnehmen; so entdeckte ich auch rechts seitwärts vor dem Orte Spitz, dass alle unsere österreichischen Kanonen, die zur Zerstörung der Brücke aufgeführt worden waren, mit ihren Mündungen gegen uns, auf die Strasse zu gerichtet standen. Ich theilte diese Wahrnehmung meinen Officieren mit und sagte, dass es hier traurig und sorglos zugegangen sein mag, denn mit so vielen Geschützen hätte man ganz Wien in Angst setzen können; jetzt komme es darauf an, ob wir von unserem Corps hier etwas antreffen werden oder nicht. Im letzteren Falle dürfte es uns diesmal etwas schwer fallen, mit List durchzukommen, um das Corps zu erreichen. Die erste Sorge war daher, sich dieser vier Mann zu entledigen, damit sie nichts von meinen weiteren Dispositionen merkten und hievon ihrer nächsten Truppe rapportirten. Ich gab jedem von ihnen ein Trinkgeld, entliess sie dankend und setzte meinen Marsch gegen den Ort Spitz fort. Meine Avantgarde hatte kaum den Ort betreten, als sie auf einen herumirrenden Bauer oder Knecht stiess, der beim Ansichtigwerden der Kaiserlichen ein lebhaftes Freudengeschrei erhob und rief: „He! Leutein! die Österreicher kommen uns zu Hilfe!“ Ich sprengte sogleich auf ihn los und gebot ihm, seine patriotischen Ausbrüche zu zügeln und nicht den mindesten Laut mehr von sich zu geben. Ich fragte ihn hastig, wo das kaiserliche österreichische Corps sammt den Generalen wäre, wohin es marschirt sei und ob es nicht gar gefangen worden. Der arme Bursche erwiderte: „Ei ja, behüte Gott, wir sind durch die Franzosen schändlich betrogen worden. Wer weiss, wohin unsere Leute sind, aber wenn Du willst, mein Herr, so wollen wir Ortsleute vereint mit Euch die Brücke anzünden, damit die übrigen Kerls nicht herüber kommen können. Hier im Orte befindet sich weder eine feindliche Einquartierung, noch irgend eine Seele von den Franzosen bei den vielen zurückgelassenen Kanonen; sie marsekiren alle auf unseren Feldern in’s Lager und ein Theil zieht an der Donau aufwärts, sowie auch auf der Strasse gegen Stockerau zu. Von den Österreichern ist weiter oben im Orte noch ein Artillerie-Officier verborgen; dieser wird wohl ein Mehreres mittheilen können.“ Ich rückte nun statt auf die Brücke zu," in der Richtung gegen Brünn in den Ort weiter hinauf und liess den Artillerie-Officier herbeikommen. Dieser verwunderte sich nicht wenig, als er mich mit meinem Bataillon hier sah und sagte : „was ich denn um Himmelswillen hier mache ;“ er beschwor mich um Alles in der Welt, nicht lange da zu verweilen, denn es ziehe eine Colonne nach der anderen durch den Ort und habe den Befehl, dass Alles, was sie von jetzt an von den Österreichern anträfe, gefangen genommen werde. Bei dieser Sachlage