Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805
500 Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805. Die Aufstellung des Reserve-Corps ging der Vollendung entgegen, allenthalben wurden die im Ruhestande lebenden Officiere von Neuem zu den Waffen gerufen, und auch Major Mahlern war unter Jenen, die freudig den Degen wieder zur Hand nahmen und mit Begeisterung dem Rufe des Monarchen folgten. Die ersten Blätter des Tagebuches behandeln jene kurze Periode, welche unmittelbar auf die Einberufung folgte und während welcher Mahlern am 5. October zum Commandanten des 6. Bataillons des Infanterie-Regiments Kerpen (heute Feldmarschall Baron Hess Nr. 49) designirt wurde. Nachdem er sich „mit Aufopferung von 3000 fl. binnen 36 Stunden equipirt und mit gehörigen 7 Pferden“ versehen hatte, begab er sich, da der Weg nach St. Pölten nicht mehr frei war, nach Korneuburg, um dort sein über Krems marschirendes Bataillon zu erwarten. Der Gang der Ereignisse stellte ihn, unmittelbar nach seinem Eintreffen, vor eine höchst gefährliche Verkettung von Umständen, die seine ganze Thatkraft in Anspruch nahmen und die er folgend schildert: Den 13. November kam General von Weber, welcher eine Ca- vallerie-Brigade und zugleich die Vorposten unseres österreichischen Corps von Lang-Enzersdorf bis Stockerau commandirte, nach Korneuburg, wo ich als Commandant des Kerpen’sehen 6. Bataillons mich befand, und deutete mir an, dass ich eine Division in Bereitschaft setzen müsste, um selbe zur Aushilfe nach Stockerau zu schicken. Da ich von der Brigade des General - Majors v. Bolza abhing, so bat ich, mir diesen mündlichen Befehl zu meiner Legitimation schriftlich auszufolgen, wozu sich der General auch erbot, sobald er nur die Vorpostenkette bis Stockerau besichtigt hätte. Unterdessen liess ich von meinem unterhabenden Bataillon eine Division in Bereitschaft setzen. Endlich kam General v. Weher wieder zurück und da er meine Division schon in Bereitschaft fand, so ertheilte er den Hauptleuten derselben ein und andere Aufträge, meinem Bataillons-Adjutanten aber den schriftlichen Befehl, welchen ich mir erbeten hatte. Kaum begann der Herr General den Befehl zu dictiren, als auf dem Platze vor meinem Quartiere ein grosser Lärm und Auflauf durch Bauern entstand, welche zu Pferde heran gesprengt kamen. Von diesen erhielten die Officiere der ausgerückten Division die Nachricht, dass der Feind die Brücke bei Wien und an dem sogenannten Spitz, ohne geringsten Widerstand von Seite der kaisei’lichen Truppen und ohne dass die Brücke in Brand gesetzt worden wäre, herüber passirt und in vollem Anmarsch hieher begriffen sei, weshalb diese Bauern, welche Fourage und Brod auf der Strasse zuführten, ihre Wagen im Stich gelassen und sich nur mit ihren Pferden geflüchtet hatten.