Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805

499 Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805. Die Bilder, welche die Weltgeschichte in ihrem lapidaren Style uns vorführt, lassen fast keinen Raum für die Vorstellung, dass unter den gewaltigen Tliaten, welche Staaten erschüttern und Völker ver­nichten, auch noch ein reges Lehen pulsirt, das die Ereignisse nicht nach dem grossen Massstabe der Historie misst und beurtheilt, sondern mehr nach jenem der Chronik, die den Rücksichten auf die Verhältnisse des Einzelnen grösseren Spielraum gönnt. Ist der hiedurch fixirte Horizont auch ein beschränkter, so wirken Geschichtsbilder aus dieser Sphäre um so mehr durch ihre Unmittelbarkeit und die Menge der Details, die nicht selten eine willkommene Unter­stützung specieller Geschichtsforschung in sich schliessen. Überdies bleibt es immer von belehrendem Interesse, das Fühlen und Denken Jener kennen zu lernen, welche die grossen Ereignisse, von denen uns die Geschichte erzählt, in ähnlichen socialen Verhält­nissen miterlebten, in denen wir uns der Jetztzeit gegenüber befinden. Diese Bedingungen erfüllen wohl die nachstehenden Blätter. Sie enthalten auszugsweise die Aufzeichnungen eines Veteranen der k. k. Armee, des Majors Mahlern, dessen wechselvolle Soldaten­laufbahn mit dem Jahre 1805 ihren Abschluss fand l). Es ist einer der Repräsentanten jener sturmbewegten Zeit, deren »Schule das Feldlager war, die aber in einer reichen Kriegserfahrung, eisernem Pflichtgefühl und hingebender Loyalität stets die Mittel fanden, das Richtige zu treffen. Kein Wunder, wenn ihnen der Degen weit leichter in der Hand nihte als die Feder* 2). — Der Schatten der Katastrophe von Ulm lag über dem hartbe­drängten Kaiserstaate, unaufhaltsam drängten die feindlichen Massen gegen Wien, wo die riesigsten Anstrengungen für die Rettung der Monarchie gemacht wurden. *) Die Ereignisse, welche dieses Journal behandelt, wurden in dem Aufsatze „Ulm und Austerlitz“, Band 1877 und 1878 der „Mittheilungen des k. k. Kriegs- Archivs“ authentisch dargestellt. Siehe auch betreff „Wegnahme der Donau-Brücken“ ebendort Jahrgang 1878, Seite 315 und folgende. 2) Schon der Titel, welchen Major Mahlern seinem Tagebuch voranstellt, erlaubt einen Schluss auf die Individualität des Verfassers: Journal! Von mir Endesunterzeichneten bei meiner neuen Anstellung im Jahre 1805 verfasst worden, und zwar über die Bewegungen des Reserve-Corps unter Commando des FML. Fürsten von Auersperg und des Generals der Cavallerie Fürsten von Liechtenstein, wie auch bei der Vereinigung mit der combinirten russischen Armee unter dem General en chef Kutusow, bis Endigung der Schlacht von Austerlitz. Mittheilungen des k. k. Kriegs-Archivs. 1881. 35

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