Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad
* Kaiser der Besitz des Banates erhalten bleibt, mit Ausnahme der Landzunge zwischen der Cérna, dem Bache, welcher die Grenze gegen die österreichische Walachei bildet, und den Ausläufern des Banater Gebirges. Alt-Orsova aber fällt bedingungsweise an die Türken, so zwar, dass sie es behalten können, wenn es ihnen gelingt, den Cerna- Fluss binnen Jahr und Tag derart abzuleiten, dass er dicht westlich von diesem Orte vorbei fliesse; anderenfalls erlösche nach einem Jahre jeder Anspruch der Pforte auf Alt-Orsova, welches dann dem Kaiser wieder anheim fällt'). Mehadia, welches Österreich erhalten bleibt, wird geschleift, ohne je wieder befestigt werden zu dürfen. Waren diese Bedingungen schon an und für sich über alle Begriffe hart, so steigert sich das Unbegreifliche dieser ganzen Action durch die Ausführungs -Bestimmungen des Schlussartikels noch um ein Bedeutendes. Diese setzen fest, dass fünf Tage nach Unterzeichnung der Präliminarien — den Tag der Unterzeichnung nicht eingerechnet — die Demolirung der Belgrader Werke zu beginnen und der Kaiser für deren exacte Durchführung Geiseln zu stellen habe, dass ferner unmittelbar nach Sprengung der an das „Württemberger - Thor“ anschliessenden Werke, dieses den Türken eingeräumt werden müsse, welche einen Vezier mit 500 Mann in der „Württemberg’schen Caserne“ etabliren würden, — endlich, dass zehn Tage nach Unterzeichnung der Präliminarien die Conferenzen zum Abschlüsse des definitiven Friedens eröffnet zu werden haben. Da der schnellste Courier die Strecke Belgrad-Wien im äussersten Falle in fünf Tagen zurücklegen konnte, so bietet diese diplomatische Action auch noch das in der Staatengeschichte unerhörte Unicum, dass ein, von einem Bevollmächtigten abgeschlossener Präliminarvertrag in volle unwiderrufliche Wirksamkeit trat, bevor noch der Landesfürst denselben ratificirte, ja, ehe derselbe von dem Inhalte noch Kenntniss haben konnte. In der That erfuhr der Kaiser erst am 2. September durch eine Depesche Villeneuf’s, dass Neipperg schon am 19. August den Türken das geschleifte Belgrad angeboten habe, worauf diesem, infolge einstimmigen Antrages aller Minister, die ertheilte Vollmacht abgenommen und ihm befohlen wurde, in’s kaiserliche Lager zurückzukehren. Dieser Schritt blieb jedoch ohne Wirkung, da das Schicksal Belgrads bereits besiegelt war. Der kurze und keineswegs klare Bericht, den FZM. Keipperg am 2. September von Belgrad expedirte, konnte nicht dazu beitragen, die Angelegenheit in ihrem wahren Lichte zu erkennen, und erst am 7. September erhielt der Kaiser durch den französischen Gesandten IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad. 475 ') Näheres hierüber enthält der Artikel: Orsova und die Inselfestung; Ada- Kaleh. Mittheilungen des Kriegs-Archivs, Jahrgang 1878, pag. 395 u. f.