Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad

J eine mangelhafte Abschrift der Präliminarien und Kenntniss von dem eigentlichen Stande der Dinge. — Wie Feldmarschall Graf Wallis seinen Rückzug bei Grozka durch die Behauptung zu rechtfertigen suchte, „es sei ein guter Rückzug nicht minder zu beloben, als eine gewonnene Schlacht“, so gipfelt der Bericht Neipperg’s in dem Hin­weise, dass es unmöglich war, bessere Bedingungen zu erhalten und „es Ihro Majestät erleucht zu erkennen gefallen werde, dass auf einen dreijährigen unglücklichen Krieg nicht wohl ein guter Frieden erfolgen könne“. Schliesslich empfahl Neipperg die schleunigste und genaueste Durchführung der Präliminarien. Der erste Eindruck, den diese niederschmetternden Nachrichten am Wiener Hofe hervorriefen, war der einer namenlosen Entrüstung, welche sich aufbäumte gegen die Schmach eines solch’ schimpflichen Vertrages. Der Kaiser und die Minister waren darüber Eines Sinnes, dass ein solch’ unerhörter Missbrauch der Gewalt, wie sich Graf Neipperg zu Schulden kommen liess, eine so flagrante Verletzung des Völkerrechts, wie sie der Grossvezier dem kaiserlichen Gesandten gegenüber verübte, nicht bindend für den Kaiser sein könne und des­halb die Ratification der Präliminarien verweigert werden müsse. Noch stand ja die Armee vor dem ungebeugten Belgrad und es war darauf zu rechnen, dass Feldmarschall Wallis, der die Intentionen des Kaisers so genau kannte, die Festung nicht auf einen „blossen Zettel“ Neipperg’s ausliefem werde. Schon war das in diesem Sinne ausgefertigte Handschreiben zur Absendung bereit, als am 10. ein neuer Bericht einlief, welchem nach die Ausführung der Präliminarien noch vor dem stipulirten Termine in’s Werk gesetzt worden war. Der Gewalt vollbrachter Thatsachen gegenüber musste auch der Kaiser den Kelch bis zur Neige leeren. Er that es gebrochenen Herzens, aber mit männlicher Ergebenheit und jenem rechtlichen Sinne, der sein Vorgehen während des ganzen Krieges charakterisirt. In einem Circular-Rescript vom 19. September 1739 an die Gesandten aller christlichen Höfe wurden denselben die Details des Verlaufes der Friedensverhandlungen auseinandergesetzt und sie beauftragt, selbe den Mächten, bei denen sie beglaubigt waren, „mit dem ausdrück­lichen Beisatze kund zu thun, dass, gleichwie wir einerseits die geschlossenen Präliminarien auf das Höchste missbilligten, also Wir nicht minder anderseits dieselben nach einmal ausgewechselter Ratification so auf das Heiligste halten würden, als wenn sämmtliche vorstehende Umstände nicht wären, und solche in solchem Grad zu unserem Nutzen gereichten, als sie zum unersetzlichen Schaden gereichten; ■— dass Graf Neipperg nicht nur die ihm ertheilte Gewalt ungemein weit überschritten, sondern auch gegen die obgehabte Befehle directe gehandelt; — dass Unser hiesiges Ministerium daran weder Theil 476 Der Krieg mit der Pforte 1736 — 39.

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