Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - II. Der Feldzug von 1737
316 Der Krieg mit der Pforte 1736—39. Feldmarschall Seckendorf motivirte diese Beschlüsse weiters noch durch ungünstige Nachrichten über die russische Armee, welche nach Erstürmung von Oczakow in üblem Zustande über den Bug zurückgehen musste und dadurch den Türken die Freiheit gab, sich nunmehr mit grösserem Nachdrucke gegen die Donau zu wenden. In Wien hatte die offenbare Unsicherheit des Commandirenden, das Schwanken von einem Projecte zum andern, den übelsten Eindruck hervorgebracht. Der Kaiser selbst ward nun des ewigen Zögerns müde, und der Hofkriegsrath schrieb Anfangs September an Seckendorf: „Es hätten Ihro Majestät ausdrücklich anbefohlen, dass er den Überrest der Campagne nicht in einer fortwährenden Inaction Vorbeigehen lasse, sondern vieleher die Disreputation, dass mit einer so zahlreichen Armee, welche keinen rechten Feind in das Gesicht bekommen, man gleichwohl keine anderen Progressen gemacht, als eine Stadt, die sich nicht gewehrt, und etliche von den Türken selbst verlassene Palanken erobert habe“, durch entsprechende Thätigkeit zu ersetzen suchen solle. Er möge jedoch die nöthigen Vorkehrungen bei Zeiten treffen, „denn es sei leicht zu errathen, dass bei so gäh abgeänderten Operations-Desseins und darauf ohne Vorsehung unternommenen Märschen, die Transportirung einer so grossen Menge Proviantes sich unmöglich so geschwind als noting bewirken lassen werde“. Eben dieser letzte Theil der kaiserlichen Mahnung war es, der den wundesten Punkt der Oberleitung Seckendorfs berührte. Seit fast 7 Wochen wurde die Unmöglichkeit, an die Drina zu marschiren, durch die Noth Wendigkeit motivirt, auf dieser Operationslinie vorerst die erforderlichen Proviant-Magazine anzulegen. Als nun endlich im Kriegsrathe von Brestola der Abmarsch der Armee an die Drina beschlossen wurde, war man selbst über die einzuschlagende Route noch so wenig im Klaren, dass man sich dieserwegen erst nach Belgrad um Auskunft wenden musste. Neben den ausserordentlichen Schwierigkeiten einer solchen Situtation musste es fast als eine Sache untergeordnetster Bedeutung erscheinen, dass man mit dem Grafen Sulkowski einen endlosen Schriftenwechsel darüber führen musste, ob die endlich in Belgrad eingetroffenen Sachsen zur Armee einrücken oder sich an der Donau erst ausruhen sollten. Indess gestatteten die Verhältnisse kein längeres Zuwarten mehr; sollten die dem Kaiser so oft wiederholten Versicherungen auch nur theilweise zur Wahrheit werden, so musste die Zeit vor dom Eintritte der Herbstregen energisch ausgenützt werden. Am 28. August war die Armee bereits in das Lager bei Toplica an der bulgarischen Morava verlegt worden, — am 8. September gab der von Brestola zurückgekehrte Feldmarschall Seckendorf den Befehl zum Vormarsche gegen Westen, nachdem er den Schutz der Ostgrenzc