Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - II. Der Feldzug von 1737

272 Der Krieg mit der Pforte 1736—39. die weit auseinander gellenden Forderungen aller Betheiligten ver­einigen sollten. Die Pforte hatte lange zwischen der Vermittlung Österreichs und jener Frankreichs und Schwedens geschwankt, sich endlich aber für erstere entschieden. Sie erklärte sich auch bereit, dem Verlangen Russ­lands nach Wiederherstellung des Carlowitzer Friedens nachzugeben und auf die Forderung eines Schadenersatzes für die Verwüstung der Krim zu verzichten, falls dieses in die Rückgabe der völkerrechtswidrig genommenen Festung Azow willige. Gerade aber dies verweigerte die russische Regierung auf das Entschiedenste und wurde darin augen­scheinlich auch von Seite des Kaisers unterstützt. Was Österreich betrifft, so hatte dasselbe ausdrücklich erklärt, dass es keine Gebietserweiterung beanspruche, falls der Friede im Laufe des Winters 1736—37, respective bis Mai letzteren Jahres zu Stande käme, dass es aber unter keiner Bedingung seine Sache von der Russlands trennen werde und in der doppelten Eigenschaft als Vermittler und Verbündeter, sowohl die Resultate des Friedens als des Krieges mit ihm theilen wolle. Zugleich nominirte der Kaiser den Inter­nuntius bei der Pforte, Freiherrn von Talman, und den Botschafter in Petersburg, Grafen Ostein, als seine Bevollmächtigten auf dem abzu­haltenden Congresse. Russland, welches den Kriegszustand gegen die Pforte ununterbrochen aufrecht erhielt, entsandte Schaffirow, Neplujeff und Wolinksy, während die Pforte den Reis Effendi Mustafa mit noch drei "Würdenträgern zum Congress delegirte, dem auch die Gesandten der vermittelnden Seemächte beiwohnten. Als Congressort brachte Talman die, auf polnischem Gebiete am linken Ufer des Bug liegende Stadt Niemirow in Vorschlag, was auch von allen Betheiligten angenommen ward. Gegenüber den Verlegenheiten, welche sich ringsum aufthürmten, suchte die Pforte vor Allem Zeit zu gewinnen und die Angelegen­heiten in die Länge zu ziehen, worin sie ihre traditionelle Meisterschaft bewährte und wohl auch von den Seemächten indirect begünstigt wurde. Mit fast allen disponiblen Kräften gegen Russland engagirt, suchte sie Österreich durch eine so weitgehende Nachgiebigkeit von entscheidenden Actionen abzuhalten , dass der Grossvezier am 11. Februar im Lager von Babadagh dem Freiherrn von Talman unumwunden erklärte: die Pforte würde selbst darin keinen Casus belli erblicken, wenn der Kaiser in Folge seines Bündnisses mit Russland Truppen in die Staaten des Grossherrn einmarschiren Hesse. Indess war der Winter resultatlos vorbeigegangen; Mitte Mai sollten die Bevollmächtigten an den Congressort abgehen; die Sprache Österreichs wurde immer drohender, und Talman erhielt den Auftrag, zu erklären, dass nun, wo der Mai verstrichen sei, ohne dass die Pforte den gegebenen Termin zum Friedensschlüsse benützt habe, es

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