Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Anhang
Besetzung eines Theiles des Paschaliks von Novibazar. 899 Bezeichnend aber für die eigentümlichen Verhältnisse, unter welchen die Truppen ihre Aufgabe im Sandschak zu lösen hatten, ist es, dass Gfeneral-Major Killic noch am Abende des 9. September, nur mehr wenige Kilometer vom Hauptorte des Lim-Gebietes entfernt, nicht wissen konnte, ob nicht für den nächsten Tag ein ernster Kampf bevorstehe. Vorsicht war dringend geboten, und General-Major Killic traf seine Dispositionen, welche darin gipfelten: bald in den Besitz der Einfassungshöhen des Kessels von Plevlje zu kommen, wobei die im Norden der Stadt sich erhebende und diese vollkommen beherrschende „Glavica“ zunächst zu beachten war. Am 10. September, zwischen 5 und 6 Uhr Früh, erfolgte der Abmarsch in drei Colonnen: das 1. Bataillon des 41. Linien-Infanterie- Kegimentes bildete mit der Batterie Nr. 3/1 und 2 Zügen der Genie- Compagnie die Vorhut, der das Gros unter General-Major Killic — 3 Bataillone ‘) stark — auf dem Wege von Han Kotline nach Plevlje folgte. Major v. Chavanne mit 1 ‘/2 Bataillon des 44. Linien-Infan- terie-Regimentes, der Batterie 2/IV und dem Reste der Genie-Compagnie, schlug als linke Seiten-Colonne die Richtung gegen die Glavica ein, während am rechten Flügel Hauptmann Grivicic mit dem 25. Feld-Jäger-Bataillon den Balibegov brdo, nördlich des Dorfes Polje, besetzte. Auf diese Weise waren nach 7 Uhr Früh, als die Vorhut der Haupt-Colonne vor dem Nordwesteingange erschien, schon sämmtliche Höhen im Norden und Westen der Stadt im Besitze der Truppen. Nur die südlichen, von der Redoute Strazica und einem Zeltlager gekrönten Höhen hatten die Türken noch besetzt, deren ein Bataillon zählendes Gros unter Liva Mustapha Pascha am Eingänge der Stadt zum feierlichen Empfange der k. k. Truppen aufgestellt war. Im Sinne der zu Sarajevo getroffenen Vereinbarungen sollte die kaiserlich türkische Besatzung nach Begrüssung der Truppen die Stadt räumen. Doch verweigerte Liva Mustapha Pascha dies, indem er dem auf seine Instructionen sich berufenden General-Major Killic erklärte, dass, nach neueren Weisungen aus Constantinopel, die Besetzung von Plevlje eine gemeinsame sein solle. Die Situation war gespannt. Ein Zufall konnte die verhängnissvollsten Folgen bringen. Einerseits lauteten die Instructionen des k. k. Generals viel zu bestimmt, um auf Besetzung der Stadt und auf den Besitz der die Sicherheit seiner Truppen verbürgenden südlichen Höhen verzichten zu können; andererseits war ihm die Vermeidung jedes ernsten Conflictes zur Pflicht gemacht, und musste die Documentirung des freundschaftlichen Charakters der Occupation, mit Rücksicht auf die Stimmung der zahlreichen muhamme- danischen Stadtbevölkerung, hier doppelt wünschenswerth erscheinen. Ueberzeugt, dass weitere Verhandlungen die Situation nur verschärfen würden, brach General-Major Killic diese rasch entschlossen ab und ritt, dies ausdrücklich als ein Zeichen der Hochachtung für den 1) Eine halbe Compagnie des 41. Linien-Infanterie-Regimentes blieb vin H. Boljanié als Etapenposten, während das 54. Linien-Infanterie-Regiment von Oajnica aus eine Abtheilung nach Svetlo-Borje vorschob.