Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

Militärische Vorbereitungen. 81 Militärische Vorbereitungen. (Bis 19. August.) Für Stärke, Zusammensetzung und Ausrüstung der zur Durch­führung der Occupation bestimmten Heereskörper mussten mannigfache Momente entscheidend sein. Abgesehen vom Zwecke dieses Unter­nehmens, war der etwa zu bewältigende Widerstand, die Beschaffenheit und der Charakter des Landes und seiner Einwohner, dann aber auch dessen geographisch-strategische Lage mit Rücksicht auf das österreichische Gebiet und auf die übrigen Nachbarstaaten in s Auge zu fassen. Der Zweck dieses Unternehmens war ein eminent friedlicher. Nur zur Schaffung geordneter Verhältnisse, unter schonungsvollster Berücksichtigung aller berechtigten Sonder - Interessen, sollten die k. k. Truppen die Landesgrenzen überschreiten. Fraglich war es, ob die Occupations - Truppen überhaupt auf Widerstand stossen würden. Ein auch nur annähernd sicheres Calcul darüber anzustellen, über welche Kräfte gegebenen Falles eine feind­selige Bewegung verfügen würde, schien aber, wie erwähnt, namentlich im Hinblick auf die mannigfachen, sich häufig widersprechenden Nach­richten geradezu unmöglich. Die Hohe Pforte hatte zu Berlin der Occupation beigestimmt; es konnte daher ein feindliches Auftreten der im Lande stehenden regulären türkischen Truppen wohl nicht erwartet werden. Anderer­seits waren diese, grossentheils aus Landeskindern bestehenden, durch mangelhafte Bezahlung und Verpflegung in ihrem Halte erschütterten Truppen, bei der im Lande herrschenden vollständigen Anarchie, den verschiedenartigsten subversiven Einflüssen ausgesetzt. Von der christlichen Bevölkerung brachten die Katholiken aus­nahmslos, die Orthodoxen zum weitaus grössten Theile der Occupation alle Sympathien entgegen; auf dieser allein beruhte ja die sichere Hoffnung auf Rettung aus Jahrhunderte währender Unterdrückung. Selbst ein Theil der angeseheneren und gebildeteren Muhammedaner hatte sich, in der Ueberzeugung, dass eine längere Dauer der anar­chischen Verhältnisse den politischen und finanziellen Ruin des Landes herbeiführen müsse — zum passiven Verhalten entschlossen. Wenigstens schien von dieser Seite eine einheitliche, zielbewusste Leitung und thatkräftige Unterstützung einer etwa sich entwickelnden Aufstands­bewegung nicht zu befürchten. Es erübrigte also noch jener, der Zahl nach weit überlegene Theil der muhammedanischen Stadt- und Landbevölkerung, welcher durch die Kämpfe der letzten Jahre verarmt und herabgekommen, geregelten Zuständen entfremdet, immer lieber bereit war, zum Gewehre als zum Pfluge zu greifen. Gegen alles Fremde argwöhnisch, musste dieser Theil der Bevölkerung wohl den Einflüssen aller jener Elemente leicht zugänglich sein, die im Fortbestehen der alten Verhältnisse die ein­zige Gewähr ihrer Existenz zu finden wähnten. Dieser Theil der Be­völkerung war aber durch die blutigen Revolutionskämpfe der letzten Jahre und zahlreiche Recrutenaushebungen der Zahl nach geschwächt, Österr. militär. Zeitschrift. 1879. (Mittheilungen des Kriegs-Archivs.) 6

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