Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Einleitung
Die Ereignisse in Bosnien nnd der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. 79 über Mostar nach Dalmatien ab, unter Bedeckung von einigen Baschi- Bozuks, die ihm der kurz zuvor mit 30 Napoleonsd’or beschenkte Hadschi Loja als Schutzwache beigestellt hatte ‘). Begreiflicher Weise hatten die Geschehnisse zu Sarajevo in ganz Bosnien und der Hercegovina einen Widerhall gefunden. Laut Consular-Berichten aus Trebinje, Mostar, Livno, Banjaluka u. s. w. war die Mehrzahl der Bevölkerung, namentlich die Notablen, der Occupation günstig gesinnt. Auf die von Seite der Regierung an die Deputirten des Provinzialrathes ergangene Einladung, sich in Sarajevo behufs Berathung über die Occupation einzufinden, wurde verneinend geantwortet; die Privaten verweigerten, zum Werkzeug des Pöbels sich degradiren zu lassen. Der Ausbruch der Revolution und die Niederlage der Regierung in der Hauptstadt verwandelten plötzlich die der Occupation freundliche Stimmung der Mehrzahl der Bevölkerung in eine feindliche. Auf die Nachricht von den Unruhen in Sarajevo entstand am 29. Juli in Mostar eine grosse Aufregung unter den Muselmanen. Die in der Hercegovina stationirten fünf einheimischen Bataillone lösten sich auf; der Gouverneur und der Truppen- Commandant erklärten, wegen Mangels an Instructionen aus Constan- tinopel, gegen die Volksversammlungen nicht einschreiten zu können, welche über einen bewaffneten Widerstand beriethen. Eine Schaar bewaffneter Muhammedaner aus Sarajevo und Travnik befand sich auf dem Wege nach der Hercegovina, behufs Organisation der Insurrection in dieser Provinz. In Livno hielten die muselmanischen Notablen Versammlungen, um Stellung gegen die Occupation zu nehmen; sie erklärten, letztere nicht allein nicht zugeben, sondern auch mit Waffengewalt verhindern zu wollen *). Auch die zuvor entwickelten Absichten der zur Herrschaft gelangten Parteiregierung in Sarajevo, eine bosnisch-hercegovinische Insurrections-Armee mittelst Massenaushebung zu bilden, sowie die vom österreichisch-ungarischen General-Consul, Herrn v. Wassitsch, dem Chef der neuen Regierung, Hafiz Pascha, gegenüber bekannt gegebenen politisch-militärischen Ziele, welche durch die unaufhaltsame Occupation des Landes erreicht werden sollten, endlich die militärischen Vorbereitungen in dem Sandschak Novibazar und in Albanien waren Beweggründe, welche den Einmarsch der k. k. Truppen in Bosnien und die Hercegovina beschleunigten. In letzter Beziehung berichtete das Consulat in Prizren am 30. April 1878, die russisch-türkischen Friedens-Präliminarien von San Stefano, insbesondere jene Punkte derselben, welche die Gebietsver- grösserung Montenegro’s, Serbiens und Bulgariens auf Kosten Albaniens betreffen, hätten unter der albano-muselmanischen Bevölkei’ung des Prizrener Sandschaks die grösste Erbitterung und Unzufriedenheit her*) Berichte des General-Consulats in Sarajevo vom 18. bis Ende Juli 1878. a) Berichte der k. und k. Consulate in Trehinje u. Mostar vom 20. bis Ende Juli 1878.