Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

78 Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. von 650 Mann, ging gleich zu dem Volke über, und letzteres schritt, hiedurch, sowie durch den Zuzug vom Lande verstärkt, wiederholt zum Angriffe auf das Regierungs-Gebäude, in welchem sich der Vali, der Commandirende, sämmtliche osmanischen Beamten und viele Notablen aufhielten. Das Schnellfeuer der zum Schutze des Gebäudes auf­gestellten Truppen trieb den vorstürmenden Pöbel jedesmal zurück, und Hafiz Pascha wollte nun, mit den Beamten in der Mitte der Truppen, in die Caserne rücken, dieselbe und andere wichtige Punkte der Stadt besetzen und sodann am 28. Juli mit Tagesanbruch an der Spitze von sechs Compagnien und einer Schwadron in die obere Stadt zum Schutze der dort etablirten Geschütz-, Waffen- und Munitions-Vorräthe einziehen. Bei dieser Expedition aber versagten die Truppen den Gehorsam, machten mit dem Pöbel gemeinsame Sache, und letzterer setzte sodann Hafiz Pascha sammt dessen Adjutanten im Collegium der Sultans- Moschee gefangen. Vor Beginn des Strassenkampfes hatten sich die Truppen durch Besetzung sämmtlicher Consulats-Gebäude geschwächt, die Aufstän­dischen hingegen waren durch Beschlagnahme mehrerer von Sjenica nach Sarajevo beförderten Kisten mit Gewehrpatronen in den Besitz zahl­reicher Munition gelangt; auch schnitten die Insurgenten sämmtliche Telegraphendrähte durch und isolirten derart Sarajevo vom Reste der Provinz. Der Kampf hatte den Truppen einen Verlust von 6 Mann an Todten und mehreren Verwundeten verursacht. Nach eingetretener Ruhe hatte sowohl der Vali, als auch der Militär-Commandant den k. u. k. General-Consul ersucht, in geeig­neter Weise den Befehlshabern der kaiserlichen Truppen die Lage mit der Bitte darzustellen, die Occupation von Sarajevo zu beschleu­nigen. Diesem Wunsche kam Herr v. Wassitsch entgegen, indem er das betreffende Telegramm in der nächsten Station des internationalen Telegraphen, d. i. in Mostar, aufgeben liess. Gleichzeitig theilte er Hafiz Pascha mit, dass am 28. Juli die k. k. Truppen von allen Seiten in Bosnien einrücken und der durch den bewaffneten Aufstand bedrängten Stadt bald zu Hülfe kommen werden. Das Schicksal des in Haft genommenen Truppen-Oberbefehls- habers, Hafiz Pascha, bewog auch den General-Gouverneur Mazhar Pascha und dessen Stellvertreter, Constant Pascha, die Demission zu geben und das Land zu verlassen. Demzufolge constituirte sich am 29. Juli eine neue Regierung mit dem wieder befreiten Hafiz Pascha als obersten Verwaltungs-Chef und mit Ismael Bey Taschlidjak als Ober- Commandanten der Truppen. Die Baschi-Bozuks nahmen die Caserne, aus welcher sie die wenigen noch treu gebliebenen Truppen vertrieben hatten, in Besitz, und der Pöbel plünderte die Waffen- und Munitions- Vorräthe; über 4000 Stück Gewehre wurden unter die Bevölkerung vertheilt. Den 31. Juli reiste der k. u. k. General-Consul, Herr v. Was­sitsch, in Folge Aufforderung der provisorischen Regierung von Sarajevo

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