Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Einleitung
Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. 77 Festung) bringen, wo sie besser gesichert waren. Es war nämlich ein öffentliches Stadtgeheimniss, dass am 24. Juli ein Angriff der Umsturzpartei auf die Waffen- und Munitions-Depots stattfinden sollte. Am 24. Juli gingen Nachrichten ein, dass die k. k. Truppen bei Brod Brücken schlügen und den Save-Uebergang jeden Augenblick beginnen könnten. In Folge dieser Gerüchte verlangte der Volksausschuss bestimmte Erklärungen von der Pforte, und der General-Gouverneur, welcher deshalb nach Constantinopel telegraphirte, erhielt von dort die ausweichende Antwort, das Volk sei zu besänftigen, bis man wegen der Occupation mit Oesterreich-Ungarn sich geeinigt habe, worauf präcise Weisungen ertheilt werden würden. Die Regierung war schon seit längerer Zeit ohne Autorität; das Steuerzahlen hatte aus freien Stücken aufgehört, die Verwaltung stand still und die Beamten feierten. Die Vorgänge bei Brod zur Veranlassung nehmend, interpellirte der Vali am 23. Juli den k. u. k. General-Consul, wie es komme, dass die Truppen seines Kaiser-Königs noch während der Verhandlungen mit der Pforte in das türkische Gebiet einrücken. Herr v. Wassitsch antwortete darauf: seine Regierung habe mit der Annahme des ihr vom Congresse angebotenen Mandats, Bosnien und die Hercegovina militärisch zu occupiren und die Verwaltung in die eigene Hand zu nehmen, vor ganz Europa die Verpflichtung sich auferlegt, den Congressbeschluss ganz und zweckmässig durchzuführen. Von Seite der k. u. k. Regierung seien nun alle Vorkehrungen getroffen, ein Heerführer mit zwei Armee-Corps an die Grenze gesendet, und der Pforte alle mit der Erreichung des Operationszweckes vereinbarten Zugeständnisse gemacht worden. Die Pforte stelle Forderungen, die der Natur der Sache nach das österreichisch-ungarische Cabinet nicht gewähren könne. Während die Verhandlungen in Constantinopel resultatlos weitergeführt würden, sei die Aufstellung der Armee bis zur Vollendung gediehen. Die Jahreszeit rücke vor. In zwei Monaten stelle sich in vielen Gegenden Bosniens der Winter ein. In diesen zwei Monaten müsste das ganze Land occupirt, pacificirt und die Flüchtlinge untergebracht sein. Ein grosser Theil der Truppen müsste auch schon den Rückzug angetreten haben, und für die im Lande verbleibenden müssten Winterquartiere hergerichtet worden sein. Die k. u. k. Regierung könne nicht warten, bis es den Machthabern in Constantinopel belieben würde, in die durch den Berliner Vertrag festgestellte Occupation zu willigen und ihren Organen die betreffenden Befehle zukommen zu lassen u. s. w. Am nächsten Tage — 25. Juli — erhielt das k. u. k. General-Consulat die Proclamation an die Bosnier und die Hercegoviner. Vorstehende Ereignisse brachten endlich die bereits seit mehreren Tagen vom Pöbel vorbereitete Revolution in Sarajevo am 27. Juli zum Ausbruch. An diesem Tage befanden sich zwei türkische in entfernten Theilen des Reiches sich ergänzende Infanterie-Bataillone, ein aus bosnischen Landeskindern gebildetes Infanterie-Bataillon, eine Schwadron und ungefähr 60 Artilleristen — im Ganzen gegen 1800 Mann — als Besatzung in der Hauptstadt. Das bosnische Nizam-Bataillon, in Stärke