Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

64 Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. Zur Bekämpfung der Revolution in der Hercegovina wurden wegen Unzulänglichkeit der Truppen im Monate August 1875 die Frei­willigen oder Baschi-Bozuks zum Kriegsdienste aufgeboten. An der Spitze dieser Schaaren durchzogen Derwische mit Fahnen das Land, auf denen, die Gläubigen zum Kampfe gegen die Ungläubigen aneifernde Koransprüche verzeichnet waren. Nach und nach bildete sich daraus durch das Zuströmen von Bewaffneten eine Massenerhebung der Muhammedaner, welche die Provinz nach allen Richtungen verheerte. Mit Ende des Jahres 1875 war die Gegend zwischen Visegrad und Sjenica des Sandschaks Novibazar in eine Wüste verwandelt. Die Kirchen und Klöster waren in Brand gesteckt, die Schulen geschlossen, die Lehrer vertrieben worden. Die revolutionäre Bewegung und die Kriegszüge der Baschi- Bozuks gestalteten die wirthschaftlichen Verhältnisse Bosniens und der Hercegovina mit jedem Tage ungünstiger. Die Strenge des Win­ters von 1875 auf 1876, das Wüthen der Viehseuche, die Anhäufung der Truppen, das Eintreiben der Contributionen in kurzen Zwischen­räumen , die Emigration der Christen in die Nachbarländer, der Bankerott des im Auslande gänzlich creditlos gewordenen Handels­standes, die Vernachlässigung der Felder, die von den Baschi-Bozuks begangenen Plünderungen und Verheerungen, namentlich die Verwü­stung der Obstgärten, welche die Haupteinnahmsquellen in Bosnien bildeten, hatten den allgemeinen Wohlstand zu Grunde gerichtet und das Land in das grässlichste Elend versetzt. Statt jetzt aus der allge­meinen Dürftigkeit und Verarmung eine Veranlassung zur Erleich­terung der Steuerlasten zu nehmen, bestanden die türkischen Behörden vielmehr auf der strictesten Einzahlung der landesfürstlichen Abgaben und vermehrten hiedurch die Emigration. Damit nämlich die leeren Staatscassen gefüllt und der stets geldbedürftige Staatssäckel in Folge der zahlreichen, in’s Ausland geflüchteten Steuerträger nicht beein­trächtigt und verkürzt werde, wälzten die Beamten die Contributionen der Emigrirten den zurückgebliebenen Bewohnern zu und verfassten zu diesem Behufe die Viehstandsregister zwei Monate vor den Einzah­lungsterminen, ohne Rücksicht auf das inzwischen durch die Viehseuche abgehende Vieh. Die Grundherren ihrerseits begehrten wieder den Pachtzins im Frühjahr, das ist zu einer Jahreszeit, wo gerade die Pachtbauern nichts zum Leben hatten. Den früheren Einführungen gemäss sollte der Pachtschilling erst nach der Ernte im Herbst ent­richtet werden. Solche Leute, welche weder die Steuer-, noch die Pachtgelder zu bezahlen und nicht auszuwandern vermochten, flüch­teten in s Gebirge und wurden Insurgenten oder Räuber. Die nur auf den Christen lastende Militär-Befreiungssteuer im Gesammtbetrage von ungefähr 900.000 Piaster *), ursprünglich aut 30.000 Personen vertheilt, wurde wegen Auswanderung auf 8000 Per­sonen repartirt. *) 1 Piaster zu 40 Para ä 3 Asper = 0*09 Gulden.

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