Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Die Occupation der Hercegovina

292 Vom Einmärsche bis zur Besetzung von Mostar. Schlussfolgerung gewiss berechtigt, dass die Bewältigung der Haupt­stadt mit unverhältnissmässigen Opfern hätte erkauft werden müssen, wäre der Muth der Insurrection nicht schon durch das erste Auf­treten der k. k. Truppen so vollständig gebrochen worden, dass sie jeden Gedanken an weiteren Widerstand aufgab. Auch alle übrigen Zweige der obersten Leitung entsprachen vollkommen den Erwartungen; der ganze Apparat functionirte in erwünschter Regelmässigkeit, trotz der vielfachen natürlichen Hinder­nisse, und ungeachtet in Folge der Geheimhaltung der Absichten des Commandirenden, die Anforderungen mitunter ganz unvermittelt herantraten. Die Verbindungen mit der Basis, die Herstellung der Telegraphen- Leitungen, die Einleitung des Nachschubes vollzogen sich allerorts präcis und ohne jedes Schwanken, und die Verpflegung der Truppen war während des ganzen Vormarsches eine vollkommene. Unter solchen Umständen konnte FML. Baron Jovanovic allerdings die Absicht hegen, nach Besitzergreifung von Mostar die Operationen unaufgehalten fortzusetzen, und sobald FZM. Baron Philippovic in Vitéz eingetroffen sein würde, die 1. Gebirgs-Brigade in der Rich­tung von Konjica vorzuschieben, um so der Haupt - Colonne des 13. Armee-Corps die Hand zu reichen. Verhältnisse jedoch, die erst nach der Besetzung von Mostar übersehen werden konnten, drängten die Operationen der XVIII. Truppen-Division in eine andere Richtung. In Mostar selbst, sowie in allen Orten, welche die k. k. Truppen bisher betreten, herrschte die ausgesprochenste Anarchie. Die Beamten der ottomanischen Regierung hatten aufgehört zu amtiren, theilweise sich auch geflüchtet, jedenfalls aber Nichts gethan, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Aufstand in Mostar hatte offenkundig die Tendenz, die Behörden und Truppen zu offensivem Vorgehen gegen die Occupations- Truppen zu veranlassen, und es scheint in der That, als sei die Bevölkerung von Regierungswegen bewaffnet und zum Widerstande gegen die Occupation ermuntert worden. Die zahlreichen Waffen neuester Construction und die grossen Munitions-Vorräthe, welche sich in den Händen des Volkes allerorts und auch nach der Besetzung Mostars noch vorfanden, deuten darauf hin. Die vorangesendete und während des Vormarsches in grosser Anzahl vertheilte Proclamation über das Wesen und den Zweck der Occupation schien keinen Eindruck gemacht zu haben, mindestens wurde derselbe durch die Bestrebungen der Aufständischen vollständig paralysirt. Die katholische Bevölkerung kam wohl stellenweise ent­gegen, meist aber hielt sie sich entweder furchtsam zurück oder betheiligte sich ■— angeblich gezwungen — am Widerstande. Als ein besonders unruhiges und gefährliches Element mussten die Flücht­linge aus Niksic angesehen werden, deren Rückkehr der Fürst von Montenegro beharrlich verweigerte; ohne Beschäftigung, nur von den Unterstützungen lebend, die ihnen von den türkischen Behörden zu­kamen, fanden sie in der Schürung des Aufstandes, in der Terrorisi-

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