Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Die Occupation der Hercegovina
Vom Einmärsche his zur Besetzung von Mostar. 275 wo ein 40m über dem Wasserspiegel des Flusses liegendes Castell, Grad Poeitelj, die hier kaum 400 Schritt breite Thalsohle sperrt. Für den Vormarsch flussaufwärts ist diese Thalsperre von nur untergeordneter Bedeutung; dagegen findet sich unmittelbar südlich von Mostar eine zweite sehr starke Position, welche den Angreifer nöthigt, auf beiden Ufern der Narenta vorzugehen, um sich durch Verdrängung des Gegners vom Hum-Berge den Zugang nach der Stadt zu erzwingen. Erst nach Besiegung aller dieser Hindernisse und nach Zurücklassung ansehnlicher Kräfte zur Sicherung der Verbindung mit Metkovic könnte zum Angriffe auf die rings von Höhen dominirte Hauptstadt der Provinz geschritten werden. Machten daher diese Verhältnisse, unter Voraussetzung eines zu gewärtigenden Widerstandes, den Vormarsch nach Mostar von dem günstigen Verlauf einer Reihe von Kämpfen abhängig, so war auch noch ausserdem das ausserordentlich ungesunde Klima im unteren Narenta-Thale ein Factor, der hinsichtlich der Ansammlung grösserer Truppenmassen nicht übersehen werden durfte. Aehnliche Verhältnisse walteten auch bezüglich der zweiten Operations-Linie: Imoski-Mostar ob. Waren dort auch die klimatischen Einflüsse nicht so verderblich, wie an der Narenta, so machte die weit geringere Gangbarkeit der Communicationen und die Wasserarmuth des Bodens Operationen in grösserem Style nur um so schwieriger. Wenn nun auch diese zweite Linie mit Rücksicht auf ihre unvor- theilhaftere Basirung und die weit ausgreifende Operation, durch welche ihre Benützung an und für sich bedingt wurde, ohne Schaden für das Ganze aus dem Calcul gelassen werden konnte, so war dies um so weniger bei jener Metkovic-Mostar thunlich. Diese bildete nicht nur für alle weiteren Operationen über Mostar hinaus, sondern auch für die ganze Occupation des Landes die unentbehrliche Basislinie und musste daher unter allen Umständen im ungestörten Besitze der k. k. Truppen bleiben. Auf diese Erwägungen stützte FML. Baron Jovanovic einen ebenso genial entworfenen, als mit Umsicht durchgeführten Plan: Um den Gegner noch mehr in der Voraussetzung zu bestärken, dass der Vormai*sch der Division im Narenta-Thale ausgeführt werden würde, hatten die technischen Truppen mit Ostentation die Vorbereitungsbauten im Bereiche der Flussmündung fortzusetzen. Mittlerweile sollte sich die Division auf der Linie Imoski-Vrgorac concentriren, dann auf bisher noch nie von regulären Truppen betretenen Pfaden, Metkovic als imaginären Pivot angenommen, auf kürzester Linie eine Rechtsschwenkung gegen die Narenta ausführen und rasch auf der Strasse Vrgorac-Ljubuski gegen Mostar rücken. Auf diese Art hoffte FML. Baron Jovanovic nicht nur die Schwierigkeiten, welche sich einem Vormarsche auf der Linie Metkovic- Mostar zweifellos entgegengesetzt haben würden, zu umgehen, sondern, indem er sich mit einem überraschenden Schlage zum Herrn der Landeshauptstadt machte, den Widerstand der Insurrection nachhaltig zu brechen.