Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Die Occupation der Hercegovina

270 Vom Einmärsche bis zur Besetzung von Mostar. der Hercegovina in Montenegro Schutz gefunden, von welchen nach eingetretenem Waffenstillstände 13.300 in die nunmehr von den Monte­negrinern besetzten Grenz-Districte repatriirt wurden. Andererseits hatte nahezu die gesammte muhammedanische Bevölkerung des Districtes von Niksic hei Annäherung der Montenegriner ihre Heimstätten ver­lassen und sich in die Umgebung von Mostar gezogen, wo sie bei den türkischen Regierungsbehörden Schutz und Unterstützung fand. Jede dieser Kategorien von Flüchtlingen war so gut wie besitz­los, denn selbst die in ihre Heimatsorte Zurückkehrenden fanden die­selben mit geringer Ausnahme zerstört, ja sie befanden sich in einer relativ noch hülfloseren Lage als jene, die auf fremdem Boden doch mindestens die, wenn auch kärgliche Unterstützung ihrer Schutzherren genossen. In ihrer bedeutenden Anzahl bildeten sie daher ein höchst gefährliches Ferment, welches gleichzeitig auf die Bekenner beider Culte der Bevölkerung wirken konnte; denn es war kaum fraglich, ob der gute Wille Montenegro’s und die zweifelhafte Autorität der türkischen Behörden ausreichen würden, diese subsistenzlosen, dem freien Waffenhandwerke ohnehin mehr als friedlicher Beschäftigung zuneigenden Horden von insurrectionellen Unternehmungen abzuhalten. Wenngleich nun die Berichte über die Zustände im Nachbar­lande in einer Weise lückenhaft waren, dass sich aus ihnen allein kein richtiges Bild der Verhältnisse entwerfen liess, welche die k. k. Truppen bei ihrem Einmärsche vorfinden würden, so gewann doch FML. Baron Jovanovic aus seiner genauen Kenntniss des Landes und der Bevölkerung, wie nicht minder aus den sehr zurückhaltenden Berichten des k. und k. Consulates in Mostar die innere Ueberzeugung, dass bei Durchführung der Occupation der höchst wahrscheinliche Widerstand der Bevölkerung in Rechnung gezogen werden müsse. Unter dieser Voraussetzung, die durch zahlreiche Wahrnehmungen bis zur Gewissheit erhöht wurde, musste er auch die ihm zugewiesenen Truppen zur Ausführung einer solchen Doppelaction, wie sie in Aus­sicht genommen war, für nicht genügend erachten; vornehmlich hielt er für die Unternehmung gegen Trebinje eine Gebirgs-Brigade als nicht ausreichend, um dort des Erfolges unter allen Umständen sicher zu sein. In der That waren die Motive, welche den Commandanten der XVIII. Truppen-Division bei diesen Erwägungen leiteten, schwer­wiegendster Natur. Konnte einmal die absolut friedliche Durchführung der Occupation nicht mehr mit voller Sicherheit angenommen werden, so gab es auch keinen Massstab für Ausdehnung und Intensität des zu erwartenden Widerstandes, und dann war die Trennung der XVIII. Truppen-Division in zwei ganz isolirte Theile unstreitig mit den ernstesten Gefahren verbunden. Die 1. Gebirgs-Brigade, welche gegen Trebinje zu operiren hatte, war für sich allein kaum im Stande, die ausserordentlichen Terrainschwierigkeiten in der südlichen Herce­govina gleichzeitig mit dem Widerstande der Bevölkerung zu über­winden und das occupirte Gebiet mit Aussicht auf Erfolg zu behaupten. Aber auch das Gros der Division durfte nicht hoffen, auf dem Vor-

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