Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Operationen der XX. Infanterie-Truppen-Division bis zum Eintreffen in Doboj

Gefechte bei Dolnja Tuzla. 255 Verfügbar blieb also, abgesehen von der Huszaren-Escadron und der Genie-Compagnie, nicht viel mehr als ein Bataillon. Die zweitägigen Kämpfe hatten die moralische Ueberlegenheit der k. k. Truppen in jeder Weise gezeigt. Selbst jetzt war noch ein günstiges Ende des Kampfes denkbar; zweifellos aber, dass dies nur unter äusserster Anspannung aller Kräfte der erschöpften Truppen zu erreichen sei. Und was dann? Was sollte geschehen, wenn die Truppen nach bedeutenden Verlusten, vielleicht nach Verwendung der letzten Patrone in Dolnja Tuzla einrückten? Die Beantwortung dieser Frage konnte FML. Graf Szápáry un­möglich ermuntern, ein Aeusserstes zu wagen. Die Insurgenten waren bei Gracanica mit unbedeutenden, bei Han Pirkovac mit grösseren Kräften aufgetreten, und hatten deren Keihen bei Dolnja Tuzla sich ununterbrochen verstärkt. Am 10. war auch der Train der Division längs der ganzen von ihm eingenommenen Linie, wenn auch ohne Erfolg, durch kleinere Banden angegriffen worden. Kein Zweifel, dass ganz Ost-Bosnien im hellen, täglich an Intensität gewinnenden Aufstande, und dass dieser über tüchtige Führer, gute Waffen und Unmassen von Munition verfüge. Nicht minder sicher war die Theilnahme grösserer Abthei­lungen regulären türkischen Militärs; möglich, ja wahrscheinlich, dass die Insurgenten binnen Kurzem durch sämmtliche an 0000 Mann zählende türkische Garnisonen Ost-Bosniens eine sehr bedeutende Ver­stärkung an geschulten Kräften erhalten würden *). Unter den gegebenen Kraftverhältnissen war daher seitens der k. k. Truppen selbst dann an eine Fortsetzung der Operationen gegen Zvornik nicht zu denken, wenn Dolnja Tuzla in ihre Hände gefallen wäre; ja, die Situation der Division musste nach Besetzung der von zahlreichen, jedenfalls nicht leicht im Zaume zu haltenden Muhamme­danern bewohnten Stadt unbestreitbar noch schwieriger werden. Die der Division zur Verfügung stehende Etapenlinie durch das Spreca-Thal hatte sich als nahezu ungeeignet erwiesen. Jedenfalls war sicher, dass der Schutz dieser langen und schwierigen Linie, wenn überhaupt möglich, nur durch aussergewohnlichen Kraftaufwand durchzuführen sei. Der gewaltsamen Eröffnung der Verbindung von Dolnja Tuzla nach Nova-Brcka standen aber gleiche Gründe entgegen, wie der Fortsetzung der Operationen gegen die Drina. Die Frage des Nach­schubes musste daher selbst nach Einnahme Tuzla’s die gewichtigsten Bedenken erregen. War bis jetzt der Nachschub nur unter äusserster Anstrengung und nicht ohne manche Unregelmässigkeit möglich ge­wesen, so mussten diese Uebelstände bei einer weiteren Verlängerung *) Nach übereinstimmenden Nachrichten sollen gegen Ende Juli folgende türkische Truppen in Ost-Bosnien gestanden sein: In Bjelina: 1 Bataillon des 2. bosnischen Infanterie-Regimentes, Redif-Bataillon II. Classe Tuzla, einige Spahis und 1% Batterien. In Zvornik: Redif-Bataillon II. Classe Sarajevo und 3. Batail­lon des Cordon-Regimentes. In Dolnja Tuzla: Redif-Bataillon I. Classe Banjaluka, III. Classe Tuzla, endlich 1 Redif-Bataillon in Srebrenica.

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