Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Operationen der XX. Infanterie-Truppen-Division bis zum Eintreffen in Doboj
236 Vorrückung bis Dolnja Tuzla. FML. Graf Szápáry, erkennend, dass es am 3. Augnst unmöglich sein werde, mit der Division bis Gracanica vorzurücken, beschloss daher, wenigstens die zur zweifellosen Sicherung dieses wichtigen Punktes nothwendigen Truppen dahin zu senden. Zu diesem Zwecke wurde am 3. um 5 Uhr Früh der General- stabs-Chef der Division, Major Seracsin des Generalstabs-Corps, mit dem 2. Bataillone des Linien-Infanterie-Regimentes Czesarewitsch, der 15. Compagnie des 70. Regimentes, der Divisions-Cavallerie und drei Zügen der Genie - Compagnie nach Gracanica entsendet, wo diese Abtheilungen, vereint mit den bereits dort befindlichen 3 Compagnien des Majors Halper, und zwar mit den Abtheilungen von Philippovic, zwischen der Serben- und Türkenstadt, mit dem Reste südlich dieses Ortstheiles Lager bezogen. Die Serben waren freundlich, die Türken scheinbar theilnahmslos den k. k. Truppen begegnet. Der Kaimakam kam allen Anforderungen der Truppen willig nach. Diese schützten sich durch Vortruppen nach allen Seiten. Die Bevölkerung der einzelnen Ortstheile wurde ununterbrochen im Auge behalten. Gracanica1) ist ein sehr ausgebreiteter, in der Richtung von Nord-Ost auf Süd-West sich ausdehnender Marktflecken, dessen grösserer Theil im gut cultivirten, von zahlreichen Hecken und Umfriedungen durchzogenen Thale der Gracanica rjeka, der kleinere an den in den Untertheilen meist entholzten Abfällen der Majevica planina längs der Strasse nach Gradacac liegt. Die den Ort vollkommen beherrschenden Thalbegleitungen sind vielfach gegliedert, im Allgemeinen offen und fallen steil ab. Die Gracanica rjeka hat im Orte ein 40 Schritt breites, mit grobem Kies und Schotter gefülltes Bett und nur wenig Wasser. Die Triacka ist ein unbedeutender Wildbach. Von den vier völlig getrennten Ortstheilen bewohnen ungefähr 2000 Muhammedaner die „Türkenstadt“ und „Dravnic“, 1000 Christen die „Serbenstadt“ und einige Zigeunerfamilien die elenden Hütten des „Ziganok“ (Zigeunerstadt). Die Nacht zum 4. August war, wie auch der Vortag, ruhig verlaufen; doch schon um 51/* Uhr Früh erschien ein griechischer Pope bei Major Seracsin mit der durch die Fama schon weit übertriebenen Nachricht über die Ereignisse von Maglaj. Eine ganze Huszaren- Escadron, nach Anderen ein Regiment, sollte daselbst in einen Hinterhalt gefallen und vernichtet worden, hiedurch aber die gesammte muhamme- danische Bevölkerung der Umgebung in Gährung gebracht und zum Ergreifen der Waffen ermuthigt sein. Bald darauf eilten serbische Weiber mit der Nachricht in’s Lager, dass bewaffnete Insurgentenbanden aus nordöstlicher Richtung im Anmarsche gegen Dravniö seien, dessen Bevölkerung an dem geplanten Angriffe gegen das Lager nördlich der Türkenstadt theilnehmen wolle. Nun galt es schnell zu handeln. Major Seracsin Hess die Truppen alarmiren. Vom 70. Regimente wurde ein Zug der 18. Compagnie zur *) Siehe Tafel VI E.