Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

6 Vorgeschichte. Staatsprincip den ganzen Erdkreis ein; Islam war hiebei gleichbedeutend mit Frieden und Sicherheit, wie Krieg und Zerstörung mit Unglauben. Das erstere bezeichnete die von Muhammedanern oder von durch Unter­werfung und Tributzahlung in den islamitischen Schutz aufgenommenen christlichen Völkern bewohnten, das letztere die sämmtlichen nicht muhammedanischen, unabhängigen Länder, welche zu unterwerfen der Koran gebot. Auf solchen Fundamentalsätzen beruhte die alttürkische Staats­ordnung, als die Osmanen erobernd in Europa auftraten, über die Meerengen hinwegschreitend das oströmische Reich zertrümmerten, in der Schlacht am Kossovo Polje oder Amselfelde (15. Juni 1389) dem Serbenreiche den Todesstoss gaben und alsbald auch das benachbarte Bosnien mit seinen christlichen Königen tributpflichtig machten. Sultan Muhammed II. stand nach der Eroberung Constantinopels (1453) wie ein drohendes Ungewitter beständig an den Grenzen Bosniens. Entschlossen, die ganze Balkan-Halbinsel seinem Reiche einzuverleiben und den Krieg in das Herz von Ungarn zu tragen, richtete er sein Augenmerk auf Bosnien, wo die Heere der Türken vom Anbeginn her nur schrittweise locale Erfolge zu erringen vermochten. Mit einer Streitmacht von 150.000 Mann eröffnete er den Feldzug. Das feste Schloss Bobovac fiel durch Verrath — die wohlbewehrte Stadt Jaice ohne Widerstand. Der König Stépan Tomasevic von Bosnien floh in das Bergschloss Kljuc im Sannathale und wurde nach der Capitulation dieser Feste und der Uebergabe von 70 Burgen und festen Plätzen, auf der Hochebene von Bjelai mit vielen Knezen, Vojvoden und Edlen nebst einer Masse gemeinen Volkes hingerichtet; 30.000 aus­erlesene Knaben hoben die Sieger für die Janitscharen aus, 200.000 Ein­wohner verfielen der Sklaverei, das Land ward verheert. Auf diese Weise endete 1463 das Königreich Bosnien. Zwanzig Jahre später wurde auch die Hercegovina zur türkischen Provinz gemacht. Bald nach der Unterwerfung Bosniens schlug die osmanische Regierung in dem von den Sultanen gegründeten Bosna-Seraj oder Sarajevo ihren Sitz auf und rief jene sociale, politische und reli­giöse Neugestaltung ins Leben, deren Consequenzen bis auf unsere Tage hinaufreichen. Um seine Vorrechte und' Besitzungen zu retten, trat der grösste Theil des bosnischen Feudaladels zum Islam über; ihm folgte eine Menge Volkes. Alles, was dem Glauben der Väter treu blieb, ward Rajah (Heerde) und der Leibeigenschaft mit der Kopfsteuer unter­worfen. Der herkömmlichen Organisation des ottomanischen Reiches gemäss, wurde das Land in drei Theile getheilt, von denen der erste dem Sultan, der zweite der todten Hand (Evkafs) und der dritte dem Lehensadel (Timars, Spahiliks) zufiel. Der Vezir oder Stellvertreter des Sultans, welcher eine unum­schränkte Gewalt bekleidete, hatte seinen Sitz nacheinander in Sara­jevo, Banjaluka, Travnik, und das Vilajet Bosnien zerfiel in die Sand- schaks oder Heerbanne von Banjaluka, Klissa, Skoplje, Zvornik, Mostar und Novibazar. Die Sandschak-Begs standen unter der obersten

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