Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 3. (1878)

Das Bildungswesen im österreichischen Heere vom dreissigjährigen Kriege bis zur Gegenwart. (Beitrag zu Culturgeschichte Österreichs.) Nach Originalquellen von Josef Ritter Rechberger von Rechkron, Major im k. k. Kriegs-Archiv

vom dreissigjährigen Kriege bis zur Gegenwart. 5 dem ihr das Verständniss für die Dinge öffnen, damit hieraus, wie aus einem lebendigen Quell, viele kleine Bäche sich entspinnen. Bis jetzt haben die Schulen nicht darauf hingearbeitet, dass die Kinder wie junge Bäume aus eigener Wurzel Triebe entwickeln, sondern nur darauf hin, dass sie sich mit anderweitig abgebrochenen Zweiglein behängten. So lehren sie die Jugend, sich nach Art der äsopischen Krähe mit fremden Federn schmücken.“ Selbst als Kaiser Leopold I. 1657 die Zügel der Regierung ergriff, musste der politische Ausbau Österreichs unter blutigen Kämpfen erfolgen, und diese hinderten durchgreifende Reformen im Inneren der Länder. Partielle Versuche scheiterten an dem fortwährenden Kriegs­zustände und den mehr und mehr gesteigerten finanziellen Calamitäten. Ein Lichtpunkt jener Zeit liegt eben darin, dass dort, wo der Staat zur Linderung unverschuldeten, namenlosen Elendes im Volke ohnmächtig war, Private an seine Stelle traten und nach ihren Kräften Hilfe leisteten. Unter den Männern, welche sich in solcher Weise nicht blos als wahre Patrioten, sondern auch als die besten Staatsbürger beurkundeten, hat für die spätere Entwickelung des Erziehungs- und Unterrichtswesens im kaiserlichen Heere Einer ganz besondere Bedeutung, wenngleich dessen Intentionen lediglich dem Mitleide entsprangen. Es ist dies Freiherr von Chaos, welcher schon längere Zeit vor seinem Ableben durch „letztwillige Disposition dto. Wien den 2. Februar 1663“ . . . „die unerzogene Haus-Arme-Kinder und Waysen, welche sonsten in Ermanglung aller Lebensmittel ganz Hülflos verderben müssten“, zu seinen „Universal-Erben“ einsetzt; — er ordnet an, „dass unter seinem Titul und Nahmen ein Haus aufgerichtet, und auf so viel Kinder, als es sein Vermögen erleiden wird, mit aller Nothdurft und Zugehör auf ewig gestiftet und versehen werden solle“. Noch bei seinen Lebzeiten, und zwar schon im nächsten Jahre 1664, widmet Chaos einen hundert Quadratklafter umfassenden Raum „auf der Laimgruben zu Erbauung des Stifts-Hauses“; aber die in diesem Jahrhunderte „unterloffene vielfältige Kriegs-Läuffe und Gefahren“ Hessen „den Testaments-Executoren die Erbauung des Stiftshauses in der Vorstadt nicht räthlich erscheinen; sie verwenden von 1666 an ein „Gebäude in der Kärnthnerstrasse, darinnen anfänglich 30 Knaben mit aller Nothwendigkeit versehen, mittlerzeit aber bis 70 Knaben unterhalten woi’den“. Auf dem vom Stifter gewidmeten Grunde war „1670 eine besondere Wohnung erbauet, und alldorten werden 23 andere Knaben, jedoch mit minderer Kost und Kleidung, nebst einem Hofmeister, Praeceptor und hiezu erforderlichen Dienstboten erhalten“ *). *) Archiv der technischen Militär-Akademie, Nr. 64.

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