Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 3. (1878)

Das Bildungswesen im österreichischen Heere vom dreissigjährigen Kriege bis zur Gegenwart. (Beitrag zu Culturgeschichte Österreichs.) Nach Originalquellen von Josef Ritter Rechberger von Rechkron, Major im k. k. Kriegs-Archiv

vom dreissigjährigen Kriege bis zur Gegenwart. 7 den Geist befangen hielt. Noch im Jahre 1692 wurde Kaiser Leopold I. ein Recept überreicht, nach welchem ■ allen Ernstes durch blosse Be­streichung des Zündloches der Geschütze mit dem bezüglichen Prä­parate diese innerhalb weniger Stunden förmlich zersetzt werden sollten. Auch die Ingenieur-Wissenschaft hatte das literarische Gebiet wesentlich bereichert, und es stammen aus dieser Zeit umfangreiche Werke. Am meisten beschränkt blieb das geographische Fach; dasselbe war durch meist einseitig aufgefasste Special - Beschreibungen, vor­wiegend aber durch Kartenwerke vertreten, welch’ letztere in Bezug auf technische Ausführung (Stich) einen bedeutenden Grad von Fertig­keit beurkunden. Die Conception derselben rührt zumeist von den Ingenieuren jener Zeit her '). Die Geschichtswerke (abgesehen von jenen des Alterthums) trugen vorwiegend den Charakter der Chronik. Sie vertraten, der Wesenheit nach, den Zweck unserer heutigen Tagespresse, obschon dieser völlig ähnliche Unternehmen schon sehr früh auftauchten und dazu dienten, besonders wichtige Ereignisse schnell bekannt zu machen2). Geschriebene Zeitungen bestanden in Wien schon vor 1700. Wenngleich von methodisch militärischem Unterrichte nach heu­tigen Begriffen nicht die Rede war, so machte sich doch das Bcdürfniss nach militärischen Bildungsanstalten auch zu jener Zeit schon drin­gend geltend, und der Beweis hiefür liegt in den Projecten, welche auftauchten und sogar veröffentlicht wurden3). Besonders dringend erschien es, für die kaiserliche Armee Inge­nieure heranzubilden, nachdem im spanischen Successions-Kriege Frank­reichs Gold die bezüglichen Kräfte des Auslandes fast völlig absorbirt hatte. Da überdies in jener Epoche die Erbauung, der Angriff und die Vertheidigung fester Plätze eine hervorragende Rolle spielten, so musste vor allen anderen Bildungsanstalten in des Kaisers Landen eine Schule für Genie-Wesen entstehen. Erster Zeitabschnitt. (Vom Regierungsantritte Maria Theresia’s, 1740, bis zum Ausbruche der franzö­sischen Revolution, 1789.) Zu einer Zeit, in welcher Österreich in grosser staatlicher Ver­wirrung und trostlosem materiellen Zustande war, bestieg Maria Theresia den Thron Ihrer Ahnen. Ohne Geld, ohne Armee und bei *) *) Karten-Archiv des k. k. Kriegs-Archives. 2) Schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurden unter dem Titel „Zeitung“ durch den Druck verbreitet: „Neue Zeitung aus Padua 1509“; „aus Welsch­land 1510“; „Zeitung von der Schlacht in Ungarn 1526“ (k. k. Hofbibliothek). 3) Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen. Band I, pag. 368.

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