Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)

Betrachtungen über die Schlacht bei Solferino

Betrachtungen über die Schlacht bei Solferino. 47 Gefüge gerathen, die Cavallerie-Division Zedtwitz endlich vom Schlacht­felde verschwunden war. Inzwischen — nach 10 Uhr — hatte die Oberleitung des österreichi­schen Heeres von der Höhe westlich von Cavriana, wohin sich das Hauptquartier begeben, die Wahrnehmung gemacht, dass der linke Flügel — I. Armee — nicht allein Medole nicht besetzt hatte und in dieser Richtung aufmarschirt stünde, sondern dass deren Corps noch theils zwischen Guidizzolo und Cä Morino, theils hinter ersterem Orte und bei Rebecco und Baite im Aufmarsch und Gefechte feindlichen Infanterie- und Artilleriemassen gegenüber sich befänden. Es war mithin an die Ausführung des eine Stunde zuvor ertheilten Befehles nicht mehr zu denken, zumal die durch eigene Beobachtung gewonnene Anschauung über die Gefechtslage in der Meldung des mittlerweile zurückgekehrten Majors Grafen Pejacsevich Bestätigung fand. Seine Majestät der Kaiser, welcher von Seinem neuen Stand­punkte — der Höhe westlich von Cavriana — mit militärischem Scharfblick erkannt hatte, dass die Entscheidung der Schlacht zwischen Solferino und Cä Morino, folglich im Centrum läge, und alle verfügbaren Kräfte dahin zu dirigiren seien, beauftragte nun Seinen Generalstab zur Ausfertigung der diesbezüglichen Dispositionen. Letztere fanden in dem folgenden, von lll/4 Uhr Vormittags datirten Befehle den Ausdruck: „Der Feind greift Solferino fortwährend heftig an und schiebt Colonnen von Castiglione gegen Solferino vor. Das I. Armee-Commando erhält den Auftrag, mit allen Kräften vorzurücken und nicht mit der Hauptmacht gegen Medole, sondern ä cheval der grossen Strasse gegen Castiglione sich zu dirigiren, um den feindlichen Angriff auf diesen Punkt zu vereiteln.“ Um II1/, Uhr befand sich diese Weisung in den Händen des Commandanten der I. Armee und eine Viertelstunde später — ll8/t Uhr — erstattete er nachstehenden Bericht: „Es ist bereits meine Hauptmacht in der Strecke zwischen der Hauptstrasse und den Höhen im Gefechte; zugleich bin ich in der linken Flanke bedroht und muss eben jetzt meine letzten Reserven des 11. Armee-Corps zur Unterstützung des 3. und 9. vornehmen. Werde nach Möglichkeit dem Befehle nachzukommen suchen.“ Als die Oberleitung diesen allerdings wenig Hoffnung auf Ver­wirklichung ihrer Absichten lassenden und nur geringe Zuversicht in das Gelingen der Unternehmung auf Castiglione kundgebenden Bericht erhielt, war Solferino von den von allen Seiten anstürmenden feindlichen Colonnen sehr bedrängt und fiel bald darauf sammt seinem Reduit — Castell — in die Gewalt der Franzosen. Die Organe der obersten Leitung des Heeres waren ohne Zweifel im Klaren darüber, dass der angeordnete Vorstoss mit den

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