Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)
Betrachtungen über die Schlacht bei Solferino
Betrachtungen über die Schlacht bei Solferino. 41 und konnten bei verständnissvoller, den veränderten Verhältnissen Rechnung tragender Durchführung bei allen Eventualitäten in Anwendung gebracht werden, vorausgesetzt, dass die Selbständigkeit und individuelle Initiative der Führer das Ihrige dazu beitragen. Der offensive Charakter des Vormarsches über den Mincio gebot logischerweise der in der Vorbewegung begriffenen k. k. Armee, den Angriff fortzusetzen. Denn nur eine entschiedene Offensive konnte diesen aus dem Festungsviereck unternommenen Ausfall rechtfertigen und demselben strategische Lebensfähigheit verleihen. Wenn der Feind am 24. Juni zum Angriff auf die in der Linie Guidizzolo - Solferino - Pozzolengo massirte österreichische Streitmacht vorgieng, so reichten die Dispositionen für die Einleitung der Schlacht ebenso aus, als wenn letztere ihn am darauf folgenden Tage an dem Chiese anfiel. In den Dispositionen wurde nicht allein von Hause aus die stete Gefechtsbereitschaft betont, sondern es wurden darin ausdrücklich das 8. und 5. Armee-Corps zum Angriff auf dasfivom Feinde als stark besetzt supponirte Monzambano bestimmt, wie überhaupt der II. Armee die Offensive für den 23. Juni aufgegeben ward, indessen die I. Armee als zurückstehender Flügel behufs Vertheidigung von Goito und des Mincio-Überganges von Pozzolo in der Defensive bleiben sollte. Diese Weisungen ergiengen wahrscheinlich in Folge der in allen Theilen richtigen Recognoscirungs-Berichte des Majors von Appel. Die Heeresleitung konnte nichts Anderes thun, als durch Benachrichtigung der beiden Armee-Commandos von der Nähe des Feindes auf die Gefahr aufmerksam zu machen und ihnen den Entschluss mit- zutheilen, dessen Streitkräfte, welche sich in dem Mincio-Terrain, d. i. in dem zwischen Mincio und dem Chiese gelegenen Bodenabschnitte, festgesetzt hatten, daraus zu vertreiben. Es lag nun den commandiren- den Generalen und ihren Stäben ob, zu beurtheilen, inwiefern dies am 23. Juni Abends bei Beziehung der Biwaks ihrer Armeen am rechten Mincio-Ufer gelungen war. Die Recognoscirungs-Berichte des Majors von Appel über die Massenhaftigkeit des bei Desenzano, Lonato, Castiglione etc. lagernden feindlichen Heeres, von denen sie Kenntniss besassen, hatten sie über die Gefahr aufgeklärt, und ihnen allein fiel es jetzt zu, unabhängig von der Oberleitung für alle Eventualitäten die entsprechenden Massnahmen zu ergreifen, daher mindestens dasVon der I. Armee rücken: Das 9. Corps zwischen Carpenedolo und Acqua Fredda; das 3. und 11. Corps nach Carpenedolo und S. Vigilio; die Cavallerie- Division Zedtwitz nach Acqua Fredda und Casalmoro; die zwei Brigaden des 2. Corps nach Acquanegra und Asola. Der Aufbruch sämmtlicher Heerestheile hat um 9 Uhr Vormittags zu geschehen. Das grosse Hauptquartier wird am 24. nach Guidizzolo verlegt werden. Das 10. Armee-Corps wurde speciell angewiesen , mit der Division Ritter — Brigaden Schiller und Jablonsky — von Nogara zu rücken und am 24. bei Mantua, am 25. bei Castel Goffredo einzutreffen.