Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)
Beiträge zur vaterländischen Geschichte. I. Major Moriz Edlen v. Angeli: Der Friede von Vasvár. Nach den Original-Acten der k. k. Archive
Der Friede von Vasvár. 35 Den Nichtwiederaufbau von Szerinvár hatte der Kaiser schon im Voraus zugestanden und konnte ihn auch nicht wohl verweigern, da diese Befestigungen ohne seinen Befehl und gegen seinen Willen angelegt wurden Was die Schleifung Székelyhid’s und das der Pforte zu überlebende Geschenk im Werthe von 200.000 fl. betrifft, so werden diese o beiden Punkte häufig als Zugeständnisse betrachtet, mit welchen der Kaiser den Frieden erkaufte. Diese Auffassung ist jedoch nicht correct. Der Kaiser selbst war es, der die Schleifung der beiden (im heutigen Biharer Comitate gelegenen) damals zu Siebenbürgen gehörigen festen Schlösser Székely hid und Szent-Jobb verlangte, weil er fürchtete, die Türken könnten sich seinerzeit derselben bemächtigen und sie als wichtige Stützpunkte bei einer Bewegung gegen Ober-Ungarn oder Siebenbürgen benutzen1 *). Der Grossvezier durchblickte jedoch die Absicht des Kaisers und verweigerte bis zum letzten Augenblicke hartnäckig die Schleifung beider Plätze, vornehmlich aber jene Szent- Jobb’s, welches bereits türkische Besatzung hatte, so dass sich Reninger, um die Verhandlungen nicht ernstlich zu gefährden, zuletzt mit der Schleifung Székelyhids begnügte a). Das Geschenk endlich, welches der Kaiser an die Pforte zu senden hatte, trug durchaus nicht den Charakter eines Tributes, eines Friedenspreises, sondern beruhte, wie dies auch der Artikel X ausspricht, einem uralten Herkommen nach, auf Gegenseitigkeit. Die Verzeichnisse der Geschenke, welche sich beide Potentaten zuschickten, sind noch erhalten und beweisen, dass jeder derselben in der Übersendung weniger eine Vertragspflicht, als vielmehr die Gelegenheit sah, durch die Pracht der übersendeten Kleinodien den Glanz seines Hofes zu erweisen. Bei dem Friedensschlüsse zu Carlowitz (1698—99), wo doch gewiss von einer Erkaufung des Friedens von Seite des Kaisers keine Rede sein kann, wird dieser Gepflogenheit im Artikel XVI des Tractates in gleicher Weise gedacht 3). Die Angabe mancher Geschichtswerke, es sei dem Fürsten Apaffy in dem Frieden von Vasvár eine, der Pforte zu entrichtende Kriegsentschädigung von 600.000 fl. auferlegt worden, wird durch den Wortlaut des Tractates nicht bestätigt. Möglich, dass Apaffy sich in einem besonderen Abkommen hiezu verpflichtete, — die Verhandlungen von Vasvár enthalten hierüber nichts. Apaffy war übrigens 1664 Vasall der Pforte und leistete, wenn auch in geringem Masse, Heeresfolge; es ist daher schwer abzusehen, inwiefern ihm eine „Kriegsentschädigung“ sollte auferlegt worden sein. Den Tribut Siebenbürgens aufzuheben oder herabzusetzen, fehlte es dem Kaiser, aus bereits mehrfach erwähnten Gründen, an Macht ’) Reninger’s Bericht. K. k. Haus-, Hof- und Staats-Archiv, 1664. *) Ebendort. 3) Siehe: „Feldzüge des Prinzen Eugen“, Wien 1876. H. pag. 310. 3*