Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)

Beiträge zur vaterländischen Geschichte. I. Major Moriz Edlen v. Angeli: Der Friede von Vasvár. Nach den Original-Acten der k. k. Archive

36 Beiträge zur vaterländischen Geschichte. und wohl auch an Veranlassung; gewiss aber war die gerettete Wahl­freiheit Siebenbürgens eine Errungenschaft, die von Seite der Be­theiligten mehr Anerkennung verdient hätte. Dass die Grenzen in diesem Frieden nicht neuerdings genau bestimmt wurden, dürfte wohl durch die Art und Weise, wie die Friedensverhand- lungen geführt wurden, und durch die Berufung auf den Zsitvatoroker Frieden begründet erscheinen. Die territorialen Abgrenzungen jener Länder waren übrigens damals, seit undenklichen Zeiten in einem solchen Zustande der Unbestimmtheit, dass sich aus der unterlassenen genauen Grenzbestimmung wohl kaum ein gerechtfertigter Vorwurf erheben lässt*). Die authentische Darstellung der Ereignisse, welche dem Vasvárer Frieden vorangiengen und ihn bedingten, lässt diese Staats-Action in ihrem wahren Lichte erscheinen. Man steht hier vor einem jener, in der Geschichte nicht seltenen Fälle, wo ein eigenthümliches, aber unabwendbares Zusammentreffen von Umständen es verbietet, Alles auf die letzte Karte zu setzen, gleichviel was immer der Erfolg davon sein könnte. Der Feldherr kann die Wechselfälle des Krieges ihrem vollen Umfange nach ausnützen und, auf sein Genie und die Vorzüge seines Heeres bauend, durch einen kühnen, entscheidenden Schlag das Waffenglück herausfordern; — den Regenten aber bestimmen weiter­reichende Motive: das Schicksal, die Zukunft seiner Lande sowohl, als auch Rücksichten auf die eigene Machtstellung gebieten ihm, den Vor­theil des Augenblickes, höheren politischen Anschauungen unterzuordnen. Nicht also der Wille des Kaisers führte zum Frieden, sondern es war ein Act staatlicher Selbsterhaltung, welchen er, dem Drucke übermächtiger Verhältnisse weichend, nothgedrungen ausübte, — jener Verhältnisse, welche ein hervorragender deutscher Geschichtschreiber * 2) eben so klar als treffend in die Worte zusammenfasst: „Der Kaiser, vor den ungarischen Truppen selbst und vor den französischen Hilfsvölkern bange, von den Reichstruppen wenig erwartend, eilte den Frieden anzunehmen, den die Türken jetzt anboten.“ Vielleicht waren es die Erfahrungen gerade dieses Krieges, welche des Kaisers bewährten Feldherrn, den Führer jenes vielköpfigen Heeres, jene Überzeugung gewinnen Hessen, die er in seinen hinter- lassenen Schriften (Band II, Capitel 2) ausdrückt: „Legt man die Kosten der Hilfsvölker auf die eine, und die geringen Dienste, welche sie leisten, die unzählbaren Hindernisse, die sie dem Feldherrn in den Operationen bereiten, auf die andere Wagschale, so wird man leicht erkennen, dass, wenn man dieselbe Summe auf die Vermehrung der eigenen Truppe anwenden wollte, man auch ohne Alliirte fertig würde.u *) Die auf der beiliegenden Karte angegebenen Grenzen sind daher, obwohl im Allgemeinen richtig, trotz aller aufgewandten Mühe in den Details nicht unbedingt sicherzustellen gewesen. 2) Carl von Kotteck, „Allgemeine Weltgeschichte.“ III. 274.

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